(Stuttgart) Wollen die Vertragsparteien das Weisungsrecht des Arbeitgebers für die Arbeitszeitverteilung durch eine konstitutive Regelung einschränken, müssen hierfür besondere Anhaltspunkte bestehen. Das gilt auch für den Ausschluss gesetzlich und kollektivrechtlich erlaubter Sonn- und Feiertagsarbeit.

Darauf verweist der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn, Präsident des VdAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart unter Hinweis auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 15.9.2009, 9 AZR 757/08.

In dem Fall streiten die Parteien darüber, ob der Kläger verpflichtet ist, an Sonn- und Feiertagen zu arbeiten. Er steht seit 1977 in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten und ihren Rechtsvorgängerinnen. Diese ist eine Zuliefererin der Automobilindustrie. Sie vertreibt u. a. Schrittmotoren. In ihrem Betrieb besteht kein Betriebsrat. Der Arbeitsvertrag aus dem Jahre 1989 zwischen dem Kläger und einer der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten sieht u. a. vor, dass „die regelmäßige tägliche Arbeitszeit grundsätzlich 7,4 Stunden beträgt, die wöchentliche Arbeitszeit 37 Stunden in der Normalarbeitszeit. Eine Änderung der Arbeitszeit ist möglich“. Durch weitere Änderungen wurde sodann 1991 und 2003 u. a. vereinbart, dass „der Arbeitnehmer wird für Schichtarbeit 40 h/Woche eingestellt wird sowie der Arbeitseinsatz 3-schichtig erfolgen kann“.

Die Arbeitgeberin war aufgrund einer Bewilligung des Landratsamts in der Zeit vom 1. September 2007 bis 31. August 2008 berechtigt, bis zu 21 Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen zu beschäftigen und in der Zeit vom 15. Februar 2008 bis 14. Februar 2009 bis zu 50 Arbeitnehmer. Der Kläger meint, er sei ohne ausdrückliche arbeitsvertragliche Regelung nicht verpflichtet, an Sonn- und Feiertagen zu arbeiten. Aufgrund der langjährigen abweichenden Übung habe er zudem darauf vertrauen dürfen, nur an Werktagen arbeiten zu müssen. Würden die vertraglichen Regelungen anders ausgelegt, seien die Klauseln überraschend, unklar und intransparent. Er will festgestellt wissen, dass er in Zukunft nicht mehr verpflichtet sei, auch an Sonn- und Feiertagen zu arbeiten

Dem, so betont Henn, folgte das Bundesarbeitsgericht jedoch nicht.

Die Arbeitgeberin ist grundsätzlich berechtigt, dem Kläger Sonn- und Feiertagsarbeit zuzuweisen, wenn die Aufsichtsbehörde eine Ausnahmebewilligung nach § 13 Abs. 4 oder 5 ArbZG erteilt. Ist das Recht des Arbeitgebers zur Verteilung der Arbeitszeit nicht gesetzlich, kollektivrechtlich oder einzelvertraglich beschränkt, legt dieser die Arbeitszeitverteilung durch Weisung kraft seines Direktionsrechts aus § 106 Satz 1 GewO fest. Einer Verpflichtung des Klägers, auch außerhalb von Notfällen und anderen außergewöhnlichen Fällen sonn- und feiertags zu arbeiten, steht das gesetzliche Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit in § 9 Abs. 1 ArbZG nicht entgegen, wenn die Aufsichtsbehörde, auch künftig, wieder eine Ausnahmebewilligung erteilt.

Der Pflicht des Klägers, auf Weisung der Beklagten Sonn- und Feiertagsarbeit zu leisten, steht hier auch keine Bestimmung des Kollektivrechts entgegen. Das Direktionsrecht der Beklagten aus § 106 Satz 1 GewO ist nicht durch Tarifvertrag eingeschränkt. Die Anordnung von Sonn- und Feiertagsarbeit ist im betriebsratslosen Betrieb der Beklagten auch nicht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Ferner sei das Weisungsrecht der Beklagten hier  auch nicht durch den Arbeitsvertrag beschränkt, wie  das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt habe.

Der Umstand, dass die Beklagte und ihre Rechtsvorgängerinnen von 1977 bis 2007 und damit während der Dauer von 30 Jahren keine Sonn- und Feiertagsarbeit anordneten, schließe die Berechtigung der Beklagten hierzu nach § 106 Satz 1 GewO nicht aus.

Henn empfahl, dies zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.    

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