Das, so die Berliner Fachanwältin für Arbeitsrecht Monika Birnbaum, MM, Partnerin bei FPS und Mitglied im VDAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, hat soeben der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Urteil vom 22.11.2011 (Az.: C-214/10) entschieden, das auf einen Vorlagebeschluss des Landesarbeitsgerichts (LAG) Hamm erging.
- Das Ergebnis
Der EUGH hat erklärt, dass ein Tarifvertrag, der die Abgeltung nicht genommenen Jahresurlaubs nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses erlaubt und vorsieht, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, der wegen Krankheit nicht genommen wurde, nach Ablauf einer Übertragungsfrist von 15 Monaten nach dem Bezugszeitraum (Kalenderjahr) erlischt, nicht dem EU-Recht widerspricht.
Ferner hat er erklärt, dass durch eine nationale Regelung die Möglichkeit der Ansammlung von Ansprüchen auf nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub, die während eines Zeitraums der Arbeitsunfähigkeit erworben wurden, zeitlich begrenzt werden kann. Eine derartige Frist muss aber die Dauer des Bezugszeitraums, an den sie anknüpft, deutlich überschreiten.
- Bisher gibt es in Deutschland keine entsprechende gesetzliche Regelung
Das LAG Hamm, an das nun das Verfahren zurückgeht, könnte allerdings noch die Auffassung vertreten, dass durch Art. 9 Abs. 1 des IAO-Übereinkommens Nr. 132 eine entsprechende Regelung bereits besteht. Das stünde aber im Widerspruch zu einer Entscheidung des LAG Düsseldorf aus diesem Jahr (5 Sa 146/11), noch nicht rechtkräftig, die Revision ist eingelegt, die ausdrücklich erklärt haben:
Urlaubsabgeltungsansprüche von dauerhaft erkrankten Arbeitnehmern können auch für Zeiten geltend gemacht werden, die länger als 18 Monate zurückliegen. Art. 9 Abs. 1 des IAO-Übereinkommens Nr. 132 findet keine Anwendung
- Es muss also einen Tarifvertrag oder eine vertragliche Regelung geben, die die Begrenzung erlaubt:
Im Fall des LAG Hamm liegt ein solcher vor. Eine entsprechende Regelung muss zumindest den folgenden Inhalt haben, betont Fachanwältin Birnbaum:
Der Anspruch auf die tatsächliche Gewährung von nicht wegen Krankheit des Arbeitnehmers genommenem Jahresurlaub oder seine Abgeltung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses erlischt, nach Ablauf einer Übertragungsfrist von 15 Monaten nach dem Bezugszeitraum (Kalenderjahr).
Eine solche Regelung wäre zulässig, würde dem EU-Recht nicht widersprechen und sollte sowohl in die Arbeitsverträge als auch in die Tarifverträge aufgenommen werden
- Für Rückstellungen ein Hoffungsschimmer
Das LAG Düsseldorf hat außerdem erklärt:
Für Zeiten, in denen ein Arbeitnehmer bei gleichzeitiger Arbeitsunfähigkeit Arbeitslosengeld I bezieht, entstehen keine gesetzlichen Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche.
Dies ist noch nicht rechtkräftig, würde aber bei Langzeitkranken, die ausgesteuert sind und ALG I beziehen, die Rückstellungsnotwendigkeit erheblich reduzieren. Da das Urteil aber noch nicht rechtskräftig ist und es hiergegen erhebliche Einwände gibt, ist nicht sicher, ob der EUGH dies mitmachen würde.
Da weder in den meisten anzuwendenden Tarifvertrag noch in den Arbeitsverträgen Regelungen i.S. des EUGH-Urteils enthalten sind und da Arbeitgeber auch nicht wissen, ob der ausgesteuerte Arbeitnehmer Arbeitslosengeld erhält und wie das BAG/EUGH die LAG Düsseldorf-Entscheidung bewerten wird, bleibt es dabei, betont Birnbaum:
Urlaub ist derzeit noch komplett für alle Krankenjahre eines Langzeitkranken zurückzustellen.
Birnbaum empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei sie u. a. dazu auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.
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Monika Birnbaum MM
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Fachanwältin für Arbeitsrecht, Wirtschaftsmediatorin
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