(Stuttgart) Auch ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber kann aufgrund von arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln zur Zahlung von weiteren, in Tarifverträgen der Metall- und Elektroindustrie vereinbarten „ERA-Strukturkomponenten“ verpflichtet sein.

Darauf verweist der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn, Präsident des VDAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 14.06.2013 zu seinem Urteil vom 12. Juni 2013 – 4 AZR 969/11 – ua.

Die klagenden Parteien sind bei der nicht tarifgebundenen Beklagten, einem Betrieb der baden-württembergischen Metallindustrie, beschäftigt. In ihren Arbeitsverträgen ist die Anwendung der „Tarifverträge für die Metallindustrie Baden-Württembergs“ vereinbart. Die Beklagte zahlte ihnen stets das jeweilige Entgelt nach den Tarifgruppen des Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrages der Metallindustrie in Baden-Württemberg.
Im Jahr 2003 vereinbarten die Tarifvertragsparteien der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg mit dem Entgeltrahmen-Tarifvertrag (ERA-TV) sowie den ihn begleitenden weiteren Tarifverträgen, dass in den Betrieben bis spätestens zum 29. Februar 2008 ein neues Entgeltsystem einzuführen ist. Für den betrieblichen Einführungsprozess sehen die Tarifregelungen ua. vor, zur Finanzierung der mit der Umstellung verbundenen Kosten einen Teil der vereinbarten Entgeltsteigerungen einem – betrieblichen – „ERA-Anpassungsfonds“ zuzuführen. Weiter ist in den später vereinbarten „Tarifverträgen über die ERA-Strukturkomponenten“ ein Anspruch der Beschäftigten auf Einmalzahlungen zu bestimmten Zeitpunkten vereinbart, wenn das „ERA-Entgeltsystem“ nicht bis zum 29. Februar 2008 eingeführt worden ist. Die Beklagte, die zunächst das neue Entgeltsystem einführen wollte und deshalb einen Anpassungsfonds gebildet hatte, gab diese Absicht im Jahr 2008 auf.

Die klagenden Parteien haben die Einmalzahlungen für den Zeitraum März 2008 bis August 2010 verlangt und die Auffassung vertreten, die Beklagte sei auch als nicht tarifgebundenes Unternehmen aufgrund der Bezugnahmeklauseln zur Einführung des ERA-Entgeltsystems bis zum 29. Februar 2008 verpflichtet gewesen. Weil dies nicht erfolgt sei, bestehe ein Anspruch auf die Einmalzahlungen („Strukturkomponenten“). Die Beklagte hat hingegen die Ansicht geäußert, sie sei rechtlich gehindert, das ERA-Entgeltsystem einzuführen. Dieses sei aufgrund der darin enthaltenen betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Normen nur betriebseinheitlich umsetzbar.

Das Arbeitsgericht hat den Zahlungsklagen stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat den Revisionen der klagenden Parteien stattgegeben, so Henn.
Sie haben einen Anspruch auf die begehrten „Strukturkomponenten“. Die Beklagte war aufgrund der vertraglichen Bezugnahmeklauseln verpflichtet, jedenfalls die Inhaltsnormen des ERA-TV bis zum 29. Februar 2008 in den jeweiligen Arbeitsverhältnissen umzusetzen. Der Vierte Senat hat jeweils den Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen, weil nicht geklärt war, ob die klagenden Parteien die Ausschlussfristen für die geltend gemachten Ansprüche gewahrt haben.

Henn empfahl, die Entscheidung zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

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Michael Henn
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