Darauf verweist der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Frhr. Fenimore von Bredow, Leiter des Fachausschusses „Besondere Arten von Arbeitsverhältnissen“ des VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart. In dem Urteil ging es um die Auslegung des in der Gemeinschaftsrichtlinie über die Arbeitszeit verankerten Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub, worum das Landesarbeitsgericht Düsseldorf und das House of Lords (Vereinigtes Königreich) ersucht hatten. Im zugrundeliegenden deutschen Fall hatte das LAG Düsseldorf über die Urlaubsabgeltung bei einem Arbeitnehmer zu entscheiden, der seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub wegen einer Arbeitsunfähigkeit, die zu seiner Verrentung geführt hatte, nicht ausüben konnte. Nach den einschlägigen deutschen Vorschriften erlischt der Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub am Ende des betreffenden Kalenderjahrs und spätestens am Ende eines Ãœbertragungszeitraums, der – vorbehaltlich einer tarifvertraglich vorgesehenen Abweichung zugunsten des Arbeitnehmers – drei Monate beträgt. War der Arbeitnehmer bis zum Ende dieses Ãœbertragungszeitraums arbeitsunfähig, muss der nicht genommene bezahlte Jahresurlaub am Ende des Arbeitsverhältnisses nach deutschem Recht nicht finanziell abgegolten werden.
Dies, so von Bredow, hat der EuGH nun als Verstoß gegen europäisches Gemeinschaftsrecht betrachtet. Zwar würden die Anwendungsmodalitäten des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub in den verschiedenen Mitgliedstaaten durch diese Staaten geregelt, doch unterliegen diese für die Übertragung nicht genommenen Jahresurlaubs bestimmten Grenzen. Dazu führt der Gerichtshof aus, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei einem ordnungsgemäß krankgeschriebenen Arbeitnehmer nicht von der Voraussetzung abhängig gemacht werden kann, dass er während des in einem Mitgliedstaat festgelegten Bezugszeitraums tatsächlich gearbeitet hat. Folglich könne ein Mitgliedstaat den Verlust des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub am Ende eines Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums nur unter der Voraussetzung vorsehen, dass der betroffene Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit hatte, seinen Urlaubsanspruch auszuüben. Der Gerichtshof stellt jedoch fest, dass einem Arbeitnehmer, der während des gesamten Bezugszeitraums und über einen im nationalen Recht festgelegten Übertragungszeitraum hinaus krankgeschrieben ist, jede Möglichkeit genommen ist, in den Genuss seines bezahlten Jahresurlaubs zu kommen. Das gelte auch für einen Arbeitnehmer, der während eines Teils des Bezugszeitraums gearbeitet hat, bevor er krankgeschrieben wurde.
Der Gerichtshof kommt daher zu dem Ergebnis, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei Ablauf des Bezugszeitraums und/oder eines im nationalen Recht festgelegten Übertragungszeitraums nicht erlöschen darf, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums oder eines Teils davon krankgeschrieben war und seine Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende seines Arbeitsverhältnisses fortgedauert hat, weshalb er seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht ausüben konnte. Hinsichtlich des Anspruchs auf eine bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu zahlende finanzielle Vergütung für bezahlten Jahresurlaub, den der Arbeitnehmer nicht nehmen konnte, stellt der EuGH weiter fest, dass diese Vergütung in der Weise zu berechnen ist, dass der Arbeitnehmer so gestellt wird, als hätte er diesen Anspruch während der Dauer seines Arbeitsverhältnisses ausgeübt. Folglich ist das gewöhnliche Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers, das während der dem bezahlten Jahresurlaub entsprechenden Ruhezeit weiterzuzahlen ist, auch für die Berechnung der finanziellen Vergütung für bei Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht genommenen Jahresurlaub maßgebend.
Während Arbeitnehmer sich über dieses Urteil freuen dürften, so von Bredow, habe diese für Arbeitgeber jedoch gravierende Konsequenzen: Fälle, in denen Arbeitnehmer an Langzeiterkrankungen leiden, könnten diese in Zukunft teurer zu stehen kommen. Bislang war der Arbeitgeber in solchen Fällen – abgesehen vom Entgeltfortzahlungszeitraum – mit keinen nennenswerten Kosten belastet. Dauerte die Erkrankung längere Zeit an, wartete er bei Langzeitbeschäftigten in der Regel rd. 3 Jahre ab, um anschließend eine personenbedingte Kündigung wegen Langzeiterkrankung auszusprechen. Nach der Rechtsprechung des BAG gibt es zwar keine festen Maßstäbe dafür, welche Krankheitszeiten die für eine krankheitsbedingte Kündigung erforderliche negative Zukunftsprognose ermöglichen. Allerdings lagen die Krankheitszeiten in den vom BAG entschiedenen Fällen regelmäßig in dem Bereich zwischen 18 und 36 Monaten. Zukünftig müssen Arbeitgeber in diesen Fällen aufgrund des Urteils damit rechnen, den Jahresurlaubsanspruch langzeiterkrankter Mitarbeiter teuer abgelten zu müssen. Angesichts dieser in Aussicht stehenden finanziellen Mehrbelastung für Arbeitgeber wird sich die nach der Rechtsprechung zur Begründung der negativen Zukunftsprognose erforderliche Dauer der Krankheitszeit vermutlich erheblich verkürzen müssen, so von Bredow, da Arbeitgeber anderenfalls über Gebühr mit Mehrkosten belastet würden.
Von Bredow empfahl sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern, die Auswirkungen des EuGH Urteils im Auge zu behalten und bei aufkommenden Fragen dazu unbedingt kompetenten Rechtsrat in Anspruch zu nehmen, wobei er u. a. auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.
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