Hierbei, so der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn, Präsident des VdAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf das Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach (ArbG) vom 19.8.2009, Az.: 5 Ca 258/09, hat das Gericht darauf abgestellt, dass der Arbeitgeber auf die Objektivität und Richtigkeit polizeilicher Ermittlungsergebnisse vertrauen darf, wenn er keine konkreten abweichenden Kenntnisse hat.
In dem Fall war die Klägerin Mitarbeiterin in der von der Beklagten betriebenen Lottoannahmestelle. Am 08.04.2009 wurde der Inhaberin durch die Ermittlungspolizei mitgeteilt, dass gegen die Klägerin ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist. Sie werde verdächtigt, einen 71-jährigen Kunden um seinen Lottogewinn von ca. 3.000,00 EUR betrogen zu haben. Der betroffene Kunde solle im Mai 2008 seine original Spielquittung vorgelegt haben, um sich hiermit seinen Gewinn auszahlen zu lassen. Da der Gewinn über 3.000,00 EUR gelegen habe, habe dieser nicht direkt ausbezahlt werden können, sondern nach Erfassung im EDV-System bei der Lottozentrale mittels der „zentralen Gewinnanforderung“ geltend gemacht werden müssen. Die Klägerin solle dem Kunden dann zwar das entsprechende Anforderungsformular ausgehändigt, die original Spielquittung jedoch pflichtwidrig einbehalten haben. Da eine Gewinnanforderung nur mit samt der original Spielquittung möglich sei, habe sich der Kunde den Gewinn in der Folgezeit nicht überweisen lassen können.
Nach den Ermittlungen der Polizei sei der gesamte Gewinn von ca. 3.000,00 EUR sodann mit der original Spielquittung Ende Mai 2008 bei einer anderen Lottoannahmestelle eingelöst und einer 21-jährigen Frau aus V. ausbezahlt worden. Bei dieser solle es sich um die Lebensgefährtin des Sohnes der Klägerin handeln. Nach Auffassung der Polizei habe die Klägerin die Spielquittung an ihren Sohn oder dessen Lebensgefährtin weitergegeben, um den Gewinn zu ihrem eigenen Vorteil oder zum Vorteil von Dritten über Umwege einzulösen.
Von der Arbeitgeberin hierauf angesprochen behauptete die Mitarbeiterin, der Kunde habe die Spielquittung wieder mitgenommen. Sie habe mit der ganzen Angelegenheit „rein gar nichts zu tun“, was ihr die Arbeitgeberin im Hinblick auf die polizeilichen Ermittlungen jedoch nicht abnahm und der Klägerin außerordentlich mit sofortiger Wirkung kündigte, hilfsweise ordentlich, zum nächstmöglichen Zeitpunkt.
Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage hat das Arbeitsgericht Lörrach abgewiesen, betont Henn.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann nicht nur eine erwiesene Pflichtverletzung, sondern bereits der Verdacht einer strafbaren Handlung mit Bezug zum Arbeitsverhältnis oder einer erheblichen Vertragsverletzung geeignet sein, im Einzelfall eine außerordentliche oder ordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Entgegen der Auffassung der Klägerseite lagen zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung am 27.04.2009 auf objektive Tatsachen gegründete starke Verdachtsmomente gegen die Klägerin vor. Dieser bezog sich auf eine erhebliche Pflichtwidrigkeit im Arbeitsverhältnis in Form der Mittäterschaft oder Teilnahme an einer Straftat zu Lasten eines Kunden. Aufgrund der objektiven und zwischen den Parteien unstreitigen Umstände war der Tatverdacht gegen die Klägerin auch dringend.
Die beklagte Arbeitgeberin konnte hier darauf vertrauen, dass die ermittelnde Polizei ihr das objektive und unter Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zustande gekommene Ermittlungsergebnis gegen die Klägerin und den daraus abgeleiteten Tatverdacht gegen die Klägerin mitgeteilt habe. Es bestanden aus Sicht der Beklagten jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür anzunehmen, dass die Polizei entscheidende Umstände im Rahmen ihrer Ermittlungen unberücksichtigt gelassen hat. Der Ausspruch der Kündigung sei daher rechtmäßig.
Henn empfahl, dies zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.
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