(Stuttgart) Die Entlastungsentschädigung für einen in Vollzeit angestellten Arbeitnehmer, der während eines Elternurlaubs auf Teilzeitbasis entlassen wird, berechnet sich auf der Grundlage seines Vollzeitgehalts.

Das, so der Düsseldorfer Fachanwalt für Arbeitsrecht , Karsten Haase, Leiter des Fachausschusses „EU-Arbeitsrecht“ des VdAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 22.10.2009 entschieden, Az.: C – 116/08.

In dem Verfahren war die Klägerin seit September 1992 auf der Grundlage eines unbefristeten Arbeitsvertrags vollzeitbeschäftigt. Ab November 1996 nahm sie verschiedene Formen der Laufbahnunterbrechung in Anspruch, und ab dem 18. November 2002 arbeitete sie aufgrund von Elternurlaub, der bis zum 17. Mai 2003 dauern sollte, auf Halbzeitbasis. Am 8. Mai 2003 wurde ihr mit sofortiger Wirkung gekündigt, wobei ihr eine Entlassungsentschädigung in Höhe von zehn Monatsgehältern gezahlt wurde, die auf der Grundlage ihres damaligen, wegen der entsprechenden Reduzierung ihrer Arbeitsleistungen um die Hälfte niedrigeren Gehalts berechnet war.

Gegen die Höhe dieser Entlassungsentschädigung erhob sie Klage bei der Arbeidsrechtbank van Turnhout (Arbeitsgericht Turnhout, Belgien). Sie begehrt die Berechnung der Entschädigung auf der Grundlage des Vollzeitgehalts, das sie bezogen hätte, wenn sie ihre Arbeitsleistungen nicht im Rahmen ihres Elternurlaubs reduziert hätte. Der Hof van Cassatie (belgischer Kassationsgerichtshof), vor den der Rechtsstreit gelangt ist, hat in diesem Zusammenhang den Europäischen Gerichtshof angerufen.

Dieser, so betont Haase, weist darauf hin, dass nach Paragraph 2 Nr. 6 der Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub die Rechte, die der Arbeitnehmer zu Beginn des Elternurlaubs erworben hatte oder dabei war zu erwerben, bis zum Ende des Elternurlaubs bestehen bleiben.

Sowohl aus dem Wortlaut dieser Bestimmung als auch aus dem Kontext, in den sie sich einfügt, ergibt sich, dass ihr Zweck darin besteht, zu verhindern, dass aus dem Arbeitsverhältnis abgeleitete Rechte, die der Arbeitnehmer erworben hat oder gerade erwirbt und über die er zum Zeitpunkt des Antritts eines Elternurlaubs verfügt, verloren gehen oder verkürzt werden, und zu gewährleisten, dass sich der Arbeitnehmer im Anschluss an den Elternurlaub im Hinblick auf diese Rechte in derselben Situation befindet wie vor diesem Urlaub.

Diese Gesamtheit von Rechten und Vorteilen wäre nicht gewährleistet, wenn im Fall der Nichteinhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist bei einer Kündigung während eines Elternurlaubs auf Teilzeitbasis ein auf Vollzeitbasis angestellter Arbeitnehmer den Anspruch darauf verlöre, dass die ihm zustehende Entlassungsentschädigung auf der Grundlage seines arbeitsvertraglichen Gehalts bestimmt wird.

So könnte eine nationale Regelung, die im Fall eines Elternurlaubs zu einer Herabsetzung der sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Rechte führte, den Arbeitnehmer davon abhalten, Elternurlaub zu nehmen, und den Arbeitgeber dazu anhalten, bevorzugt diejenigen Arbeitnehmer zu entlassen, die sich im Elternurlaub befinden. Das liefe unmittelbar dem Zweck der Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub zuwider, zu deren Zielen eine bessere Vereinbarkeit von Familienleben und Berufsleben gehört.

Der Gerichtshof gelangt zu dem Ergebnis, dass die Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub im Fall der einseitigen Beendigung des Arbeitsvertrags eines unbefristet und in Vollzeit angestellten Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber ohne schwerwiegenden Grund oder ohne Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist während eines auf Halbzeitbasis genommenen Elternurlaubs des Arbeitnehmers einer Berechnung der diesem zu zahlenden Entschädigung auf der Grundlage seines zum Zeitpunkt der Kündigung reduzierten Gehalts entgegensteht.

Haase empfahl, dies zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.    

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