(Stuttgart) Selbst nach mehreren nahtlos aufeinander folgenden Elternzeiten gehen Resturlaubsansprüche nicht verloren, so das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 20. Mai 2008 – Az. : 9 AZR 219/07.

Der Fall, so der Berliner Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Loewer vom VdAA Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte e. V. in Stuttgart, ist schnell geschildert. Die Klägerin verlangte Urlaubsabgeltung nach annähernd vier Jahren Elternzeit. Der Elternzeit für das erste Kind schloss sich nahtlos eine weitere Elternzeit für das zweite Kind an, während der das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2005 endete. Im Januar 2006 verlangte die Klägerin die Abgeltung ihrer noch im Jahre 2001 vor Antritt der Elternzeit aufgelaufenen 27,5 Urlaubstage und gewann.

Überraschend ist, so Loewer, dass der 9. Senat des Bundesarbeitsgerichts seine bisherige Rechtsprechung damit ausdrücklich aufgegeben hat. Die Vorinstanzen hatten dagegen noch auf den Bestand der höchstrichterlichen Entscheidungen gebaut und die Klage abgewiesen. § 17 Absatz 2 BEEG und dessen wortgleiche Vorgängerregelung, zu der die Entscheidung erging, betreffen die Übertragbarkeit vor der Elternzeit nicht erhaltenen Urlaubs auf den Zeitraum nach Ablauf der Elternzeit. Dieser ist dann im Jahr der endenden Elternzeit oder dem darauf folgenden Jahr zu gewähren.

Gemäß § 17 Absatz 2 BEEG ist Resturlaub nach „der“ Elternzeit zu gewähren. Daraus wurde bisher überwiegend (auch vom Bundesarbeitsgericht) geschlossen, dass nur eine Elternzeit zwischen Antritt der Elternzeit und Wiederaufnahme der Arbeit liegen dürfe. Der Bezug zu einem vor der ersten Elternzeit aufgelaufenen Resturlaubs sei sonst nicht mehr gegeben. Diese Auslegung ist zwar sehr formal, wurde aber zuvor dem Vernehmen nach jedoch lediglich von einer Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm in Zweifel gezogen. Das Bundesarbeitsgericht verlässt in der angeführten Entscheidung nun ausgetretene Pfade und stellt die bisherige Rechtsprechung auf einen verfassungs- und europarechtlichen Prüfstand. Der 9. Senat meint, dass der Verfall des Resturlaubs nach mehr als einer Elternzeit dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Artikel 3 GG und den Maßgaben der europäischen Richtlinien zum Elternurlaub (96/34/EG) und zum Erholungsurlaub (2003/88/EG) zuwiderläuft.

Arbeitgeber, so betont Loewer, werden sich darauf einstellen müssen, dass sie im Zusammenhang mit Elternzeiten selbst noch nach etlichen Jahren mit Urlaubs- oder Urlaubsabgeltungsansprüchen konfrontiert werden. Die Entscheidung verdeutlicht im Übrigen, welchen Stellenwert europarechtliche Vorschriften mittlerweile im nationalen Recht einnehmen und die höchstrichterliche Rechtsprechung dies auch ohne Zurechtweisung durch den Europäischen Gerichtshof verinnerlicht.

Er empfahl daher, bei aufkommenden Fragen dazu Rechtsrat in Anspruch zu nehmen, wobei er u. a. auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

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Michael Loewer
– Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht –
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