Voraussetzungen für betriebsbedingte Kündigungen

*Von Rechtsanwalt / Fachanwalt für Arbeitsrecht Stefan Schlöffel, Düsseldorf

Der Beitrag soll dazu dienen, die durch das Gesetz und durch die Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen einer betriebsbedingten Kündigung zu veranschaulichen. In den Betrieben, in denen das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, hat Unkenntnis böse Überraschungen im Arbeitsgerichtsverfahren zur Folge. Nur wer die Spielregeln kennt, kann im Voraus abwägen, ob eine betriebsbedingte Kündigung erfolgreich gerichtlich durchgesetzt werden kann.

Der Beitrag dient nicht dazu, die allgemeinen Voraussetzungen einer Kündigung, wie Schriftformerfordernis, Bestimmtheit, Kündigungsfristen, Zugang der Kündigung, etc., darzulegen, sondern beschränkt sich auf die materiellen Voraussetzungen für sozial gerechtfertigte und damit wirksame betriebsbedingte Kündigungen.

Grundsatz:

Nach § 1 Kündigungsschutzgesetz ist eine betriebsbedingte Kündigung nur dann sozial gerechtfertigt und damit wirksam, wenn

  • der Arbeitnehmer in dem Betrieb nicht weiter beschäftigt werden kann

  • keine anderweitige freie Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb besteht und

  • wenn bei Kündigung nicht aller vergleichbaren Arbeitnehmer zumindest eine ausreichende Sozialauswahl vorgenommen worden ist.

Betriebliches Erfordernis

Das Wesen der betriebsbedingten Kündigung ist, dass ein betriebliches Erfordernis einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegensteht. Gründe im Verhalten oder in der Person des Arbeitnehmers spielen keine Rolle.

In Betracht kommen als betriebliche Erfordernisse außerbetriebliche oder innerbetriebliche Ursachen. Außerbetriebliche Ursachen, wie beispielsweise Umsatz- und Absatzrückgang, sind von den Arbeitsgerichten voll überprüfbar. Es ist deshalb schwierig und nicht zu empfehlen, eine Kündigung auf sogenannte außerbetriebliche Ursachen zu stützen.

Beispielsweise muss der Arbeitgeber, der eine Kündigung mit einem Auftragsrückgang rechtfertigen will, darlegen, dass es sich um einen dauerhaften Auftragsrückgang und nicht nur um übliche, gegebenenfalls saisonbedingte, Schwankungen handelt. In diesem Fall ist erforderlich, dass die fehlende Möglichkeit einer zukünftigen Weiterbeschäftigung auf der Basis von Referenzzeiträumen mehrerer Jahre der Vergangenheit dargelegt wird. Nur wenn durch diesen Vergleich erkennbar wird, dass eine abweichende, negative Entwicklung eingetreten ist, kann mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit angenommen werden.

Die betriebsbedingte Kündigung sollte sich daher immer auf eine Unternehmerentscheidung als sogenannte innerbetriebliche Ursache stützen!

Hinweis:

Sofern im nachfolgenden Beitrag von Arbeitnehmern die Rede ist, sind selbstverständlich damit auch Arbeitnehmerinnen gemeint. Es handelt sich nicht um eine Diskriminierung, sondern die Bezeichnung dient lediglich der Vereinfachung.

Unternehmerentscheidung

Eine Unternehmerentscheidung z. B. in Form eines Gesellschafterbeschlusses, oder auch nur durch eine dementsprechende Willensäußerung der Geschäftsführung, setzt voraus, dass sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren innerbetrieblichen Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Voraussetzung ist also eine nachvollziehbare und überprüfbare organisatorische Maßnahme, also ein unternehmerisches Konzept. Die Folge dieses Konzeptes ist der Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten/Arbeitsplätzen. Die Unternehmerentscheidung unterliegt keinem Formzwang. Bei einer juristischen Person genügt es, dass derjenige, der dazu die tatsächliche Macht hat, die Entscheidung endgültig und vorbehaltslos getroffen hat.

Die Unternehmerentscheidung muss zum Zeitpunkt der Kündigung eines Arbeitnehmers noch nicht umgesetzt worden sein. Es genügt, dass zumindest die Absicht und der Wille des Arbeitgebers, gewisse Maßnahmen vorzunehmen, zum Zeitpunkt der Kündigung schon vorhanden und abschließend gebildet worden ist. Spätestens mit Ablauf der jeweiligen Kündigungsfrist muss die Umsetzung jedoch dazu führen, dass keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr für den Arbeitnehmer besteht. Da die Absicht und der Wille des Arbeitgebers anhand von objektiven Kriterien schwer nachvollziehbar sind, empfiehlt es sich, dass diejenigen Tatsachen in irgendeiner Weise nach außen manifestiert werden.

Erforderlich ist es ebenfalls, dass zum Zeitpunkt der Kündigung durch den Arbeitgeber dargelegt werden muss, welche Maßnahmen er ergriffen hat, damit die Unternehmerentscheidung zu dem von ihm vorgesehenen Zeitpunkt umgesetzt werden kann. Beispielsweise muss der Arbeitgeber darlegen, dass er schon Angebote von Drittanbietern vorliegen hat, wenn die Unternehmerentscheidung darauf beruht, eine gewisse Abteilung zu schließen oder auszulagern.

Mit der Verwirklichung der Entscheidung muss zum Zeitpunkt der Kündigung noch nicht begonnen worden sein. Ausreichend ist es, dass der Arbeitgeber berechtigterweise annehmen durfte, die laufende Kündigungsfrist biete ihm hierfür ausreichend Zeit.

Das Arbeitsgericht hat auch nicht die Befugnis, die Unternehmerentscheidung auf ihre Sinnhaftigkeit und Wirtschaftlichkeit hin zu überprüfen. Es hat nur die Möglichkeit, zu prüfen, ob die Unternehmerentscheidung offenbar unvernünftig oder willkürlich ist. Voll nachzuprüfen ist aber durch das Gericht, ob eine unternehmerische Entscheidung tatsächlich vorliegt und durch ihre Umsetzung das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne oder mehrere Arbeitnehmer entfällt.

Beschränkt sich die Unternehmerentscheidung auf den Kündigungsentschluss, führt das Bundesarbeitsgericht (BAG) in ständiger Rechtsprechung aus, dass die Vermutung, die Unternehmerentscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht von vornherein besteht. Die Unternehmerentscheidung muss zu einer Änderung des Beschäftigungsbedarfs führen, d.h. die Änderung des Beschäftigungsbedarfs ist eine Folge der Unternehmerentscheidung.

Die Entscheidung, Arbeitnehmer durch Leiharbeiter zu ersetzen, rechtfertigt keine betriebsbedingte Kündigung. Leiharbeitnehmer verrichten genauso weisungsgebundene Arbeit wie eigene Arbeitnehmer, so dass ein Bedarf an Arbeitsleistung nicht entfallen ist. Es handelt sich um eine bloße Auswechslung der Vertragsart (Leiharbeitnehmer statt eigener Arbeitnehmer) und damit um eine unzulässige Austauschkündigung.

Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn der Arbeitgeber sich entschließt, Arbeiten, die bislang von Arbeitnehmern ausgeführt worden sind, durch selbstständige oder freie Mitarbeiter zukünftig ausführen zu lassen. Voraussetzung ist hier jedoch, dass es sich tatsächlich um Selbstständige handelt und nicht um Scheinselbstständige.

Die Darlegung der Verteilung der verbleibenden Arbeit auf die verbleibenden Arbeitskräfte bereitet im Rechtsstreit häufig Schwierigkeiten. Sie wird vom Arbeitgeber oft nur aufgrund von kaum objektivierbaren Erfahrungswerten anhand einiger äußerer Anhaltspunkte „geschätzt“. Diese Einschätzung ist dem Gericht so plausibel zu machen, dass es den Wegfall des Beschäftigungsbedarfs feststellen kann. Hierzu bedarf es nicht stets einer detaillierten Darlegung der Arbeitsverteilung „bis zum letzten Handgriff“, aber ein genauer Vortrag, wie die verbleibenden Mitarbeiter die Arbeit ohne Mehrarbeit erledigen können, ist erforderlich.

Ultima ratio

Eine betriebsbedingte Kündigung darf immer nur das letztmögliche Mittel sein, um den sich aus der Unternehmerentscheidung folgenden angepassten Personalbedarf zu erreichen. Gibt es andere, mildere, Mittel, ist die betriebsbedingte Kündigung eben nicht durch dringende Erfordernisse bedingt. Solche anderen milderen Mittel können z. B. der Abbau von Überstunden oder der Abbau etwaiger dauerhafter Leiharbeit im Betrieb sein.

Ein milderes Mittel ist auch die Änderungskündigung, statt der betriebsbedingten Beendigungskündigung. Sofern also im Unternehmen ein anderer freier Arbeitsplatz vorhanden ist, auf dem der Arbeitnehmer kraft Direktionsrecht oder durch Änderungskündigung hätte weiterbeschäftigt werden können, ist eine betriebsbedingte Kündigung ausgeschlossen. Selbst wenn der Arbeitnehmer einen anderen angebotenen freien Arbeitsplatz ausschlägt, muss der Arbeitgeber eine Änderungskündigung vornehmen. Das BAG steht auf dem Standpunkt, dass der Arbeiternehmer unter dem Druck einer Änderungskündigung vielleicht anders entschieden hätte.

Eine betriebsbedingte Kündigung ist selbst dann unwirksam, wenn nur eine befristete Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers besteht.

Es besteht jedoch keine Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer zur Vermeidung einer Beendigungskündigung zu besseren Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen.

Kein freier Arbeitsplatz ist derjenige eines erkrankten Arbeitnehmers, selbst wenn dessen Rückkehr ausgeschlossen ist, solange der Arbeitgeber die Stelle tatsächlich nicht neu besetzen will. Als freie Arbeitsplätze kommen nur solche in Betracht, bei denen im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits feststeht, dass sie bei Ablauf der Kündigungsfrist, oder in absehbarer Zeit danach, frei sein werden, sofern dem Arbeitgeber die Überbrückung dieses Zeitraums zumutbar ist. Zumutbar ist ein Zeitraum, den ein anderer Stelleninhaber zur Einarbeitung benötigen würde. Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, eine anderweitige Weiterbeschäftigung zu berücksichtigen, sobald er vom Wegfall des bisherigen Arbeitsplatzes des Arbeitnehmers Kenntnis erlangt und eine Kündigung in Erwägung zieht. Er darf dann nicht mehr durch Neueinstellung vollendete Tatsachen schaffen und so eine gegebene Weiterbeschäftigungsmöglichkeit vereiteln.

Als freie Arbeitsplätze in Betracht kommen jedoch nur geeignete Arbeitsplätze, die vom Arbeitnehmer ausgefüllt werden können. Entscheidend sind also das Anforderungsprofil des Arbeitsplatzes und die Eignung des Arbeitnehmers. Bei einem Gemeinschaftsbetrieb mehrerer Unternehmen kommt jede Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in diesem Betrieb in Betracht, auch soweit sie einem anderen Arbeitgeber zugeordnet ist.

Eine Weiterbeschäftigungspflicht im Konzern besteht grundsätzlich nicht. Ausnahmen hiervon sind jedoch denkbar, wenn sich ein anderes Konzernunternehmen ausdrücklich zur Übernahme des Arbeitnehmers bereit erklärt hat oder sich eine Übernahmeverpflichtung unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag oder anderen vertraglichen Absprachen ergibt; hinzutreten muss ein tatsächlich oder rechtlich gesicherter – bestimmender Einfluss des Beschäftigungsbetriebs bzw. des vertragsschließenden Unternehmens auf die „Versetzung“.

Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen

Der Grundsatz „Vorrang der Änderungskündigung vor der Beendigungskündigung“ gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer nur nach einer angemessen Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahme den neuen Arbeitsplatz ausfüllen kann. Fortbildung ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch die Weiterbildung in dem bisher ausgeübten Beruf, führt also zu einer graduellen Qualifizierung des Leistungsprofils des Arbeitnehmers im Rahmen des vorgegebenen Berufsbildes. Dagegen ist die Umschulung die Herausbildung eines Leistungsprofils in einem anderen Berufsbild.

Was dem Arbeitgeber zumutbar ist, hängt von einer sorgfältigen Abwägung aller Umstände ab. Neben Erfolgsaussichten, Kosten und Dauer der Maßnahme (unter Umständen bis zu sechs Monaten), der wirtschaftlichen Belastbarkeit des Arbeitgebers, insbesondere auch von der Beschäftigungsdauer des Arbeitsnehmers, aber auch – negativ – von seinem Alter. Von Bedeutung ist auch die arbeitsvertraglich vereinbarte Tätigkeit; eine Ausbildung zu höherwertiger Tätigkeit ist grundsätzlich nicht geboten.

Fällt etwa ein Aufgabenbereich nur teilweise fort und will der Arbeitgeber die verbliebenen Aufgaben im Rahmen einer Halbtagstätigkeit ausführen lassen, so ist eine Beendigungskündigung unwirksam, wenn der Arbeitgeber dem gekündigten Arbeitnehmer nicht zuvor erfolglos die Teilzeittätigkeit angeboten hat.

Welchem von mehreren zur Kündigung anstehenden Arbeitnehmern etwa ein anderweitiger freier Arbeitsplatz anzubieten ist, richtet sich grundsätzlich nach den Kriterien der Sozialauswahl. Es findet aber keine Sozialauswahl zwischen solchen Arbeitnehmern statt, die nur im Wege der Änderungskündigung auf den freien Arbeitsplatz gelangen können und solchen, die dorthin nur versetzt zu werden brauchen. Letztere haben Vorrang. Sofern der Arbeitnehmer ordentlich unkündbar ist, kommt nur eine Kündigung aus wichtigem Grund in Betracht. Hier schuldet der Arbeitgeber gesteigerte Bemühungen für eine anderweitige Weiterbeschäftigung. In Betracht kommen deutlich längere Überbrückungs-, Einarbeitungs- und Umschulungszeiten und weitere organisatorische Umstrukturierungen zur Schaffung eines geeigneten, nicht aber eines zusätzlichen, Arbeitsplatzes. Ausgeschlossen sind wohl auch Beförderungen und Freikündigungen.

Sozialauswahl

Sofern dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, ist eine betriebsbedingte Kündigung dennoch sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Voraussetzung einer Auswahl ist, dass die Anzahl der auf den jeweiligen Kündigungsentschluss beruhenden Kündigungen geringer ist, als die Anzahl der in Betracht kommenden Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber hat jedoch einen gewissen Wertungsspielraum, der dazu führt, dass sich nur deutlich schutzwürdigere Arbeitnehmer mit Erfolg auf einen Auswahlfehler berufen können.

Die Sozialauswahl erfolgt grundsätzlich in drei Schritten:

  1. Bildung der Auswahlgruppe

  2. ausreichende Berücksichtigung der sozialen Gesichtspunkte innerhalb der Auswahlgruppe

  3. Nichteinbeziehen von sogenannten Leistungsträgern.

Eine fehlerhafte Sozialauswahl kann grundsätzlich nur die Sozialwidrigkeit solcher Kündigungen nicht bewirken, die auch ohne den Fehler bei jedem Zuschnitt einer ausreichenden Sozialauswahl angestanden hätten. Für sie war nämlich der Fehler nicht kausal.

1. Bildung der Auswahlgruppe

Die Sozialauswahl ist betriebsbezogen. Dies gilt auch bei einem betriebsübergreifenden Versetzungsrecht. Für die Sozialauswahl ist es daher in der Regel unerheblich, ob in einem anderen Betrieb des Arbeitgebers ein weniger schutzwürdiger, vergleichbarer Mitarbeiter beschäftigt ist. Wäre der Arbeitsplatz dort allerdings frei, käme eine Versetzung oder eine Änderungskündigung in Betracht.

Auch räumlich weit entfernte Betriebsteile können einen einheitlichen Betrieb im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes bilden. Dies gilt unter Umständen auch dann, wenn sie jeweils als selbstständige betriebsratsfähige Betriebe im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes gelten. Dies wird auch dann gelten, wenn sich der Betrieb auf das Ausland erstreckt oder dort gelegen ist. Unterhalten mehrere Betriebe einen gemeinsamen Betrieb, sind die vergleichbaren Arbeitnehmer des gesamten Betriebs in die Sozialauswahl einzubeziehen – maßgeblich ist, ob aufgrund einer einheitlichen Betriebsleitung die Zuweisung eines verbleibenden Arbeitsplatzes möglich ist.

Die Sozialauswahl erstreckt sich nicht auf Arbeitnehmer, die noch keinen Kündigungsschutz genießen, also noch keine sechs Monate beschäftig sind. Diesen ist also vorab zu kündigen. Ebenfalls nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen sind diejenigen Arbeitnehmer, deren ordentliche Kündigung durch besondere gesetzliche Regelungen ausgeschlossen ist.

Die Arbeitnehmer, denen nur mit Zustimmung einer Behörde gekündigt werden kann, sind dann in die Sozialauswahl einzubeziehen, wenn die jeweilige Zustimmung der Behörde vorliegt.

Rechtlich nicht geklärt ist die Frage, ob solche Arbeitnehmer in die Sozialauswahl miteinzubeziehen sind, denen tarif- oder einzelvertraglich nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann. Nach wohl noch herrschender Meinung bleiben diese Arbeitnehmer verschont.

Befristet beschäftigte Arbeitnehmer sind nach herrschender Meinung ebenfalls von der Sozialauswahl ausgenommen.

Arbeitnehmer, die nach einer vorangegangenen Kündigung vorläufig weiterbeschäftigt werden, beispielsweise gemäß § 102 BetrVG, oder aufgrund eines Urteils, sind bei einer in dieser Zeit anstehenden betriebsbedingten Kündigung in die Sozialauswahl einzubeziehen. Ihnen ist dann gegebenenfalls erneut zu kündigen.

In die Sozialauswahl einzubeziehen sind nur miteinander vergleichbare Arbeitnehmer. Unproblematisch gehören dazu diejenigen Arbeitnehmer, deren Tätigkeit unmittelbar entfallen ist. Über den Kreis der unmittelbar betroffenen Arbeitnehmer hinaus sind sodann die Arbeitnehmer in die Sozialauswahl einzubeziehen, die mit diesen vergleichbar sind. Hierzu zählen Arbeitnehmer mit identischer Tätigkeit, etwa bei Stilllegung einer von mehreren im Betrieb vorhandenen gleichartigen Maschinen, alle Arbeitnehmer, die an identischen Maschinen arbeiten und deshalb von den unmittelbar Betroffenen ersetzt werden können. Der jeweilige Qualifikations- und Ausbildungsstand ist hier wegen der Identität der ausgeübten Tätigkeit ohne Bedeutung. Darüber hinaus sind aber auch solche Arbeitnehmer in die Sozialauswahl einzubeziehen, die nur teilweise identische oder aber nur ähnliche Tätigkeiten ausüben. Diese Erweiterung des Kreises der vergleichbaren Arbeitnehmer kommt nach der Rechtsprechung des BAG unter drei Voraussetzungen in Betracht:

  1. die einzubeziehenden Arbeitnehmer müssen der gleichen betrieblichen Ebene angehören,

  2. sie müssen nach ihrer Tätigkeit von den unmittelbar betroffenen Arbeitnehmern ersetzt werden können (Austauschbarkeit) und

  3. der Austausch muss ohne Änderung des Arbeitsvertrags des unmittelbar betroffenen Arbeitnehmers im Wege des Direktionsrechts möglich sein.

1.a Gleiche Betriebliche Ebene

Die andersartige Tätigkeit muss gleichwertig sein. Der Vergleich vollzieht sich auf derselben Ebene der Betriebshierarchie (sogenannte horizontale Vergleichbarkeit). Arbeitnehmer auf höheren oder niedrigeren Hierarchieebenen des Betriebs müssen nicht in die Sozialauswahl einbezogen werden. Entfallen z. B. bei einer Umstrukturierung zwei Sachbearbeiterstellen einer Abteilung und ist gleichzeitig die Stelle des Abteilungsleiters neu zu besetzen, so steht es dem Arbeitgeber frei, die Leitungsaufgabe dem sozial weniger schutzwürdigen Sachbearbeiter zu übertragen und dem schutzwürdigeren zu kündigen. Nach Wegfall der Sachbearbeiterstellen besteht kein Anspruch auf Weiterbeschäftigung auf der freien Beförderungsstelle als Abteilungsleiter. Das gleiche gilt bei verschlechterten Arbeitsbedingungen. Der Facharbeiter, dessen Arbeit entfallen ist, kann nicht den Hilfsarbeiter verdrängen.

1.b Austauschbarkeit

In die Sozialauswahl einzubeziehen sind nur solche Arbeitnehmer, deren Tätigkeit der unmittelbar betroffene Arbeitnehmer arbeitsplatzbezogen aufgrund seiner Kenntnisse, Fähigkeiten und Ausbildung übernehmen kann. Die Austauschbarkeit ist in erster Linie anhand des individuellen Ausbildungs- und Qualifikationsstandes des Arbeitnehmers festzustellen. Grundsätzlich steht es dem Arbeitgeber frei, das Anforderungsprofil einem geänderten Zuschnitt der Arbeit anzupassen. Nicht ausreichend ist jedoch die bloße Entscheidung zum Einsatz besserqualifizierter Arbeitnehmer. Eine Austauschbarkeit besteht auch, wenn der Arbeitgeber Arbeitnehmer mit und ohne einschlägige Berufsausbildung für die gleiche Tätigkeit einsetzt. Allein eine gleiche Berufsausbildung macht Arbeitnehmer nicht austauschbar. Gerade bei qualifizierten Tätigkeiten mit hohem Spezialisierungsgrad wird einem aktuellen Stand an Kenntnissen und Fertigkeiten ausschlaggebende Bedeutung zukommen. Eine kurze Einarbeitungszeit von wenigen Wochen steht der Austauschbarkeit jedoch nicht entgegen. Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen sind in diesem Zusammenhang irrelevant. Eine Austauschbarkeit kann auch fehlen, weil mit ihr eine Versetzung verbunden ist und der Betriebsrat die erforderliche Zustimmung rechtswirksam verweigert. Ein gerichtliches Verfahren auf Ersetzung der Zustimmung, nur um die Austauschbarkeit herzustellen, ist dem Arbeitgeber nicht zuzumuten.

1.c Direktionsrecht

Vergleichbar sind nur solche Arbeitnehmer, deren Tätigkeit den unmittelbar betroffenen Arbeitnehmern nach ihrem Arbeitsvertrag im Wege des Direktionsrechts übertragen werden können. Sie müssen ohne weiteres den direkt betroffenen Arbeitnehmer ersetzen können. Daran fehlt es, wenn die Austauschbarkeit erst durch eine Änderung des Arbeitsvertrags des unmittelbar betroffenen Arbeitnehmers hergestellt werden müsste.

Grundsätzlich sind auch Vollzeit- mit Teilzeitkräften vergleichbar. Etwas andere gilt jedoch dann, wenn aufgrund eines Organisationkonzepts des Arbeitgebers aus nachvollziehbaren Gründen beispielsweise nur vormittags, dann aber mit zwei Kräften gleichzeitig gearbeitet werden soll. Gegebenenfalls müsste dann einer Vollzeitarbeitskraft eine Änderungskündigung ausgesprochen werden. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Arbeitgeber beispielsweise vertrauliche Aufgaben nur einer Person übertragen will. In diesem Fall bliebe nur die Kündigung gegenüber der Teilzeitkraft, auch wenn sie sozialschutzwürdiger wäre. Eine Änderung ihrer Arbeitszeit auf Vollzeit, um die Vergleichbarkeit mit der anderen Vollzeitkraft herzustellen, braucht der Arbeitgeber nicht vorzunehmen.

  1. Kriterien der Sozialauswahl

Im Rahmen der Sozialauswahl sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

  • Dauer der Betriebszugehörigkeit

  • Lebensalter

  • Unterhaltspflichten

  • Schwerbehinderung

Diese Kriterien der Sozialauswahl stehen auch in keinem Rangverhältnis, sondern stehen gleichwertig nebeneinander. Nach ständiger Rechtsprechung des BAG gibt es keinen allgemein verbindlichen Bewertungsmaßstab dafür, wie diese Abgrenzungskriterien zueinander ins Verhältnis zu setzen sind. Demzufolge hat der Arbeitgeber einen gewissen Wertungsspielraum, d. h. er hat nur eine ausreichende Sozialauswahl vorzunehmen. Dies hat zur Folge, dass nur deutlich schutzwürdigere Arbeitnehmer sich mit Erfolg auf einen Auswahlfehler berufen können (BAG vom 29. Januar 2015, 2 AZR 164/14, NZA 2015, 426).

Der Arbeitgeber hat im Rahmen der Sozialauswahl auch eine Erkundigungspflicht. Er kann sich nicht allein auf die Personalakte verlassen oder gar auf die begrenzten Informationen der Lohnsteuerkarte. Er muss gegebenenfalls nachfragen, welche Unterhaltspflichten bestehen. Auch die Schwerbehinderung ist zwingend zu berücksichtigen. Gleiches gilt nach herrschender Meinung auch für Gleichgestellte nach § 68 Abs. 3 SGB IX. Es besteht aber für den Arbeitgeber keine Verpflichtung zur Einbeziehung des schwerbehinderten Arbeitnehmers in die Kündigungsauswahl. Die Einbeziehung der Schwerbehinderung in die Auswahlkriterien soll den erhöhten Schutz des Arbeitnehmers nicht zu seinem Nachteil ändern. Praktisch bleibt daher die Einbeziehung des schwerbehinderten Arbeitnehmers in die Sozialauswahl die Ausnahme.

Der Arbeitgeber kann auch neben den vier Kriterien andere soziale Gesichtspunkte berücksichtigen, solange die vier Grundkriterien ausreichend berücksichtigt bleiben. Praktisch wird dies in jedem Einzelfall zu entscheiden sein und bedarf einer genauen Darlegung des Arbeitgebers.

Generell gilt, dass die Auswahlentscheidung vertretbar sein muss; sie muss nicht „perfekt“ sein. Es können daher mehrere Entscheidungen sozial gerechtfertigt sein. Grob fehlerhaft ist eine Sozialauswahl, wenn eine der vier Grundkriterien nicht einbezogen wird oder jede Ausgewogenheit in ihrer Gewichtung fehlt. Nicht ausreichend ist die Sozialauswahl bereits dann, wenn der Arbeitgeber einen im Hinblick auf die vier Grundkriterien deutlich weniger schutzwürdigen vergleichbaren Arbeitnehmer verschont hat. Grundsätzlich zulässig sind auch Punktetabellen, sofern sie innerhalb der vier Kriterien ausgewogen sind.

  1. Leistungsträgerklauseln

Sogenannte Leistungsträger, also solche Mitarbeiter, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen im berechtigten betrieblichen Interesse liegt, sind nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen. Zweck der Regelung ist es, im Interesse der Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Betriebes, die betrieblichen Erfordernisse gegenüber sozialen Gesichtspunkten stärker zu betonen. Hinsichtlich der Prüfung bei der Sozialauswahl sind die sogenannten Leistungsträger zunächst in die soziale Rangfolge mit aufzunehmen und dann wieder auszunehmen.

Betriebliche Interessen können sowohl betriebstechnischer, als auch wirtschaftlicher, Natur sein. Berechtigt sind die betrieblichen Interessen dann, wenn sie im Rahmen des vorgegebenen unternehmerischen Konzeptes objektiv vorteilhaft sind. Es findet also eine gerichtliche Kontrolle statt. Es ist eine Abwägung mit dem jeweiligen konkreten Schutzinteresse des sozial schwächeren Arbeitnehmers und den berechtigten betrieblichen Interessen vorzunehmen. Berücksichtigungsfähige Leistungsunterschiede müssen erheblich sein. Die Sozialauswahl darf nämlich nicht zu einer Leistungsauswahl führen.

Besondere Kenntnisse, Fähigkeiten und Qualifikationen werden häufig schon der Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer entgegenstehen. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn diese Eigenschaften nicht immer, aber gelegentlich, im Betrieb benötigt werden, also ein betrieblicher Bedarf für diese Eigenschaften besteht. Als Beispiel kommen hier Fremdsprachenkenntnisse oder spezielle EDV-Kenntnisse in Betracht. Auch besondere Kundenkontakte, die mit der Person eines Arbeitnehmers verknüpft sind und für den Betrieb wirtschaftliche Bedeutung haben, können ebenfalls ein Abweichen von der Sozialauswahl rechtfertigen.

Personalstruktur

Die Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten kann, insbesondere bei Massenentlassungen, zu starken Verzerrungen der Personalstruktur führen. Ein berechtigtes betriebliches Interesse kann daher auch die Sicherung der Personalstruktur sein; nicht jedoch die Schaffung einer ausgewogenen Personalstruktur. Zweck der Vorschrift ist es lediglich, die bisherige Personalstruktur vor einer Verschlechterung durch die Sozialauswahl zu bewahren. Personalstruktur heißt nicht nur Altersstruktur, sondern die Zusammensetzung der Belegschaft nach personalen Merkmalen. In Betracht kommen z.B. Geschlecht, Qualifikation und Ausbildung. Kein Merkmal der Personalstruktur sind allerdings Vertragstreue und Häufigkeit krankheitsbedingter Fehlzeiten. Die Personalstruktur muss sich bei hypothetischer Betrachtung durch eine reine Sozialauswahl in Bezug auf ein Merkmal nachteilig verändern. Dies gehört zum schlüssigen Sachvortrag des Arbeitgebers. Erforderlich ist ein Vergleich der Struktur in den jeweiligen Auswahlgruppen vor und nach einer (hypothetischen) Sozialauswahl. Regelmäßig wird eine erhebliche Veränderung der Zusammensetzung der einzelnen Auswahlgruppen nur bei Massenentlassungen auftreten. In Betracht kommen beispielsweise Kahlschlag in einer bestimmten Altersgruppe und absehbare Pensionierungswelle, Verlust von Know-how, Erschwerung eines (in Bezug auf die Diskriminierung legitimen) Unternehmenskonzeptes oder Kundenwünsche.

Das wichtigste Strukturmerkmal in diesem Zusammenhang ist das Alter. Gerade die Altersstruktur wird durch die Sozialauswahl verzerrt, da die Auswahlkriterien ein höheres Lebensalter begünstigen. Allein die Erhaltung des Status quo rechtfertigt jedoch noch keine Abweichung von der Sozialauswahl. Die Nachteile aus der Veränderung des Altersaufbaus sind vom Arbeitgeber daher grundsätzlich konkret und auf die jeweiligen Auswahlgruppen bezogen darzulegen. Ihre Vermeidung lässt zugleich die Diskriminierung nach dem Alter rechtfertigen. In Betracht kommt – in Abhängigkeit vom Ausmaß der Veränderung – die Gefahr des Verlustes von betrieblichem Know-how oder Kunden oder die Verhinderung eines (legitimen) unternehmerischen Konzeptes.

Das BAG hat beispielsweise anerkannt, dass bei einer Entlassung von 66 aus 150 Erzieherinnen wegen der konkret drohenden Nachteile und betrieblichen Folgen (nur noch Erzieherinnen im „Großmutteralter“) ein berechtigtes betriebliches Interesse vorliegt.

Erforderlich ist immer die Bildung von Altersgruppen in den jeweiligen Auswahlgruppen. Beispielsweise werden die Arbeitnehmer in die Gruppen der bis 30-jährigen, der 31- bis 40-jährigen, der 41- bis 50-jährigen, der 51- bis 60-jährigen und der älter als 60-jährigen eingeteilt. Sodann ist entsprechend der Gesamtkündigungsquote der Auswahlgruppe aus den jeweiligen Altersgruppen nach sozialen Gesichtspunkten auszuwählen. Beispiel: Es handelt sich um eine Auswahlgruppe von 50 Erzieherinnen, von denen 20 zu entlassen sind (Quote 40 %). Damit sind 40 % der Arbeitnehmer jeder Altersgruppe von Kündigungen bedroht. In einer Entscheidung vom 26. März 2015 – 2 AZR 478/13 – hat das BAG eine betriebsbedingte Kündigung daran scheitern lassen, dass der Prozentsatz innerhalb der Altersgruppe unterschiedlich war, nämlich zwischen 37,29% und 58,33% lag.

Das AGG steht einer Altersgruppenbildung nicht entgegen, da die Erhaltung der Altersstruktur ein legitimes Ziel darstellt.

Auswahlrichtlinien

Existieren sogenannte Auswahlrichtlinien (z. B. im Rahmen einer Betriebsvereinbarung oder eines Tarifvertrages), wie die sozialen Gesichtspunkten im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann diese Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Auswahlrichtlinien bedürfen der Zustimmung des Betriebsrates. Die ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrates an der Erstellung der Auswahlrichtlinie ist aber keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die unter Anwendung des Punkteschemas ausgesprochene Kündigung. Der Arbeitgeber kann sich aber nicht auf den beschränkten Prüfungsmaßstab des § 1 Abs. 4 KSchG berufen.

Die Auswahlrichtlinie muss eine Bewertung der vier Auswahlgesichtspunkte im Verhältnis zueinander enthalten. In der Regel geschieht dies durch ein Punkteschema.

Verstößt eine Kündigung gegen eine wirksame Auswahlrichtlinie, ist sie sozial ungerechtfertigt und damit unwirksam.

Hält sich der Arbeitgeber jedoch an die abschließende Festlegung der nicht grob fehlerhaften Bewertung einer Richtlinie, kann die Bewertung kündigungsrechtlich nicht beanstandet werden. Grob fehlerhaft ist die Bewertung der Grunddaten in ihrem Verhältnis zueinander, wenn sie nicht alle berücksichtigt oder diese „völlig unausgewogen“ bewertet. Die grob fehlerhafte Bewertung muss mit einem schweren, ins Auge springenden, Fehler belastet sein, der im Hinblick auf die Gerechtigkeitsfunktion der Sozialauswahl nicht mehr hinzunehmen ist. Zur Erleichterung bei der Feststellung der Unterhaltspflichten soll die Auswahlrichtlinie dem Arbeitgeber auch gestatten können, sich auf die Informationen aus den Lohnsteuerkarten zu beschränken.

Der grobe Fehler der Richtlinie muss für die Kündigung des Arbeitgebers kausal sein.

Ist die Auswahlrichtlinie grob fehlerhaft, muss deshalb die darauf gestützte Auswahlentscheidung nicht in jedem Fall sozialwidrig sein. Die konkrete Auswahlentscheidung kann (zufällig) soziale Gesichtspunkte „ausreichend“ berücksichtigen. Dies ist im Einzelfall zu prüfen.

Namensliste

Existiert im Rahmen einer Betriebsänderung ein Interessenausgleich mit Namensliste, wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist.

Voraussetzung ist also zunächst eine Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG. Ein freiwilliger Interessenausgleich reicht nicht.

Eine nur geplante Betriebsänderung genügt ebenfalls nicht. Die Kündigung muss aufgrund einer Betriebsänderung ausgesprochen worden sein.

Weiter erforderlich ist ein Interessenausgleich mit Namensliste. Der Interessenausgleich mit Namensliste muss nach herrschender Meinung bereits vor „Ausspruch“ der Kündigung, d. h. nicht nur vor ihrem Zugang, formgültig (schriftlich) abgeschlossen worden sein. Das Schriftformerfordernis gilt auch für die Namensliste. Die Namensliste kann mit dem Interessenausgleich eine einheitliche Urkunde bilden.

Die namentliche Bezeichnung muss eindeutig sein, gegebenenfalls mit Vorname oder durch sonstige Kennzeichnung.

Eine sogenannte Negativliste der nicht zu kündigenden Arbeitnehmer ist unzureichend. Liegt eine wirksame Namensliste vor, indiziert diese auch die Vermutung, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist.

Da es sich um eine gesetzliche Vermutung handelt, bewirkt diese die vollständige Umkehr der Beweislast. Trägt der Arbeitnehmer erhebliche Tatsachen vor, muss der Arbeitgeber jedoch substantiiert bestreiten.

Weitere Rechtsfolge der Namensliste ist, dass die soziale Auswahl nur auf grobe Fehlerhaftigkeit geprüft werden kann.

Der Abschluss eines Interessenausgleiches enthebt den Arbeitgeber nicht von der Pflicht, den Betriebsrat gemäß § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG über den Kündigungsgrund zu unterrichten. Der Arbeitgeber kann die Anhörung auch mit den Verhandlungen über den Interessenausgleich zeitlich verbinden. Eine Klarstellung über Durchführung und Abschluss des Anhörungsverfahrens im Interessenausgleich empfiehlt sich jedoch.

Weder die Vermutung, dass dringende betriebliche Gründe vorliegen noch die Beschränkung der Auswahlkontrolle auf grobe Fehlerhaftigkeit gelten, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung ist der Zugang der Kündigung. Bei späteren Änderungen kommt nur ein Wiedereinstellungsanspruch in Betracht. Eine wesentliche Änderung der Sachlage liegt nach herrschender Meinung nur bei einem Wegfall der Geschäftsgrundlage vor, wenn also nicht ernsthaft bezweifelt werden kann, dass beide Betriebspartner, oder einer von ihnen, den Interessenausgleich in Kenntnis der späteren Änderung nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten.

Stefan Schlöffel

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Haas & Partner Rechtsanwälte

Düsseldorf

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