(Stuttgart) Hat der Arbeitgeber während der Raucherpausen, für die die Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verlassen durften, das Entgelt weitergezahlt, ohne die genaue Häufigkeit und Dauer der jeweiligen Pausen zu kennen, können die Arbeitnehmer nicht darauf vertrauen, dass der Arbeitgeber diese Praxis weiterführt. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung entsteht nicht.
Darauf verweist der Bremer Fachanwalt für Arbeitsrecht und Gewerblichen Rechtsschutz Klaus-Dieter Franzen, Landesregionalleiter „Bremen“ des VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V., unter Hinweis auf ein Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Nürnberg vom 05. August 2015 (Az. 2 Sa 132/15).
Der Kläger ist stellvertretender Betriebsratsvorsitzender. In dem Betrieb des Klägers hatte es sich seit Jahren eingebürgert, dass die Mitarbeiter zum Rauchen ihren Arbeitsplatz verlassen durften, ohne am Zeiterfassungsgerät ein- und auszustempeln. Dementsprechend kam es von Seiten des Arbeitgebers auch nicht zu einem Lohnabzug für diese zusätzlichen Pausen.
Im Jahr 2012 schloss der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über das Rauchen im Unternehmen. Danach war mit Wirkung ab dem 1. Januar 2013 das Rauchen nur noch in bestimmten Bereichen gestattet. Ferner wurde festgelegt, dass sich die Raucher für die Raucherpause aus- und wieder einstempeln müssen. Für die erfassten Rauchzeiten wurde kein Lohn mehr gezahlt. Der Kläger machte mit der Klage die durch diese Pausen entstandenen „Fehlbeträge“ geltend.
Das LAG Nürnberg wies ebenso wie zuvor das Arbeitsgericht die Klage ab. Nach Auffassung der Nürnberger Richter habe der Kläger nicht darauf vertrauen können, dass nach Inkrafttreten der Betriebsvereinbarung für Raucherpausen kein Lohn abgezogen würde. Er könne sich schon wegen des Umfangs der Raucherpausen nicht auf eine betriebliche Übung berufen. Nach Angaben des Klägers in dem Verfahren reduzierte sich die Arbeitszeit bei den rauchenden Mitarbeitern täglich um rund 60 bis 80 Minuten. Dass der Betrieb das geduldet habe, ändere nichts daran, dass die Mitarbeiter die Raucherpausen eigenmächtig in Anspruch genommen hätten. Das stelle eine Verletzung der Hauptleistungspflicht aus dem Arbeitsverhältnis dar. Gegen das Entstehen einer betrieblichen Übung spreche auch, dass es sich bei der Bezahlung der Raucherpausen nicht um materielle Zuwendungen handele, die die wirtschaftliche Lage der Arbeitnehmer verbessern. Vielmehr erhielten die Raucher lediglich mehr freie Zeit. Bei der Gewährung zusätzlicher freier Tage oder Stunden aus besonderem Anlass sei nach Ansicht des LAG Nürnberg für die Annahme einer betrieblichen Übung jedoch Zurückhaltung geboten.
Ein Vertrauen der Raucher auf Beibehaltung der Bezahlung der Raucherpausen habe ferner auch nicht entstehen können, da dies offensichtlich zu einer Ungleichbehandlung mit den Nichtrauchern führte. Diese müssten für das gleiche Geld im Schnitt über 10 Prozent mehr Arbeitsleistung erbringen als die Raucher. Ein „schützenswertes Vertrauen“, dass dieser gleichheitswidrige Zustand beibehalten werde, habe nicht entstehen können.
Schließlich betonte das Gericht den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer, den zu achten die Betriebsparteien verpflichtet seien. Mit einer Bezahlung der Raucherpausen würde der Arbeitgeber nicht im Sinne des Gesundheitsschutzes tätig werden. „Im Gegenteil: Er würde Anreize setzen, die Gesundheit der Mitarbeiter zu gefährden und das Risiko von krankheitsbedingten Ausfällen zu erhöhen.“ Auch aus diesem Grund haben die Arbeitnehmer auf die Fortsetzung der Bezahlung der Raucherpausen nicht vertrauen dürfen.
Franzen empfahl, dies zu beachten und riet er bei Fragen zum Arbeitsrecht Rechtsrat in Anspruch zu nehmen, wobei er u. a. auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.
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