(Stuttgart) Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist auch während der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers zulässig.
Darauf verweist der Bremer Fachanwalt für Arbeitsrecht und Gewerblichen Rechtsschutz Klaus-Dieter Franzen, Landesregionalleiter „Bremen“ des VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V., unter Hinweis auf eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. Mai 2015, Az.: 7 Sa 794/14.
Der Kläger war als Fahrer bei der Beklagten beschäftigt. Am 26. Februar 2014 legte er eigenmächtig die Arbeit nieder. Die Beklagte kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis außerordentlich. Der Kläger war ab demselben Tag durchgehend bis zum 31. März 2014 arbeitsunfähig erkrankt. Die Kündigung erwies sich in einem gesonderten Verfahren als bestandskräftig. Der Kläger machte gleichwohl weiter Zahlungsansprüche für den Monat März 2014 geltend. Zur Begründung führte er u.a. aus, dass die Beklagte aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit gekündigt habe und gem. § 8 EFZG zur Fortzahlung der Vergütung bis zum Ende der Arbeitsunfähigkeit verpflichtet sei.
Nachdem das Gericht der ersten Instanz der Argumentation des Klägers folgte, wies das Landesarbeitsgericht die Klage ab. Nach Auffassung der Kammer erfolgte die Kündigung nicht „aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit“. Der Arbeitgeber sei kündigungsrechtlich nicht gehindert, während einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit zu kündigen. Er könne auch wegen einer lang anhaltenden oder wegen vieler Kurzerkrankungen eine sozial gerechtfertigte Kündigung aussprechen und zwar auch dann, wenn der Arbeitnehmer bei Zugang der Kündigung gerade arbeitsunfähig sei. Der Arbeitnehmer habe nur dann einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung über den Kündigungstermin hinaus, wenn die Arbeitsunfähigkeit den Anlass gegeben habe, die Kündigung auszusprechen. „Anlass“ im Sinn des § 8 Absatz 1 Satz 1 EFZG sei nicht gleichbedeutend mit dem Kündigungsgrund.
Eine Kündigung aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit scheide immer dann aus, wenn der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung keine Kenntnis von der Erkrankung habe oder die Kündigung aus einem anderen Grund ausgesprochen worden sei. Der Arbeitnehmer habe die Tatsachen darzulegen, aus denen sich ergibt, dass der Arbeitgeber die Kündigung aus Anlass der Erkrankung ausgesprochen habe, mag er auch andere Gründe dafür gehabt haben. Regelmäßig genüge insoweit der Hinweis auf die Kenntnis des Arbeitsgebers von der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit und der zeitliche Zusammenhang zwischen Arbeitsverhinderung und Kündigung. Diesen Anscheinsbeweis könne der Arbeitgeber dadurch entkräften, dass er sich wie in dem von den Mainzer Richtern entschiedenen Fall auf andere Kündigungsgründe beruft. Danach hat die Beklagte das Verhalten des Klägers als Arbeitsverweigerung aufgefasst und nach seinem Vortrag aus diesem Grund gekündigt. Von daher erfolgte die Kündigung nicht aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit. Das Gericht wies deshalb die Klage des Arbeitnehmers ab.
• Praxishinweis:
„Während einer Krankheit ist es verboten, eine Kündigung auszusprechen“, diese Annahme ist so weit verbreitet wie falsch, betont Franzen.
Der Arbeitgeber kann selbstverständlich trotz Arbeitsunfähigkeit kündigen. Kündigt er jedoch „aus Anlass“ der Krankheit, wäre er allerdings verpflichtet, trotz ggf. beendigtem Arbeitsverhältnis weiter Entgeltfortzahlung zu leisten. Diese Rechtsfolge tritt nicht ein, wenn der Arbeitgeber vortragen und ggf. beweisen kann, dass der Kündigungsentschluss auf anderen Gründen beruhte und er sich nicht davon hat leiten lassen, die bestehende Arbeitsunfähigkeit als Anlass zu nutzen. Danach bietet die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers immer dann nicht den Anlass für eine Kündigung, wenn der Arbeitgeber den Kündigungsentschluss bereits auf Grund vorangegangener Umstände gefasst hat, so etwa auch bei vorangegangenen Kurzerkrankungen.
Franzen empfahl, dies zu beachten und riet er bei Fragen zum Arbeitsrecht Rechtsrat in Anspruch zu nehmen, wobei er u. a. auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.
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