Dies, so der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn, Präsident des VdAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, entschied der 3. Senat des Hessischen Landessozialgerichts in einem Beschluss vom 06.07.2009, Az. L 3 U 249/08.
Arbeitnehmerin verunglückte beim Abseilen in einer Schlucht
Eine Abteilungsleiterin eines in Frankfurt ansässigen Wirtschaftsprüfungsunternehmens verletzte sich beim Abseilen auf einer Canyoning-Tour am Auge. Die 42-jährige Frau aus Wiesbaden hatte ihre Mitarbeiter zum Dank für die erfolgreiche Arbeit zu einer betrieblichen Motivationsveranstaltung ins Allgäu eingeladen. Neben Fachbeiträgen und Informationen über die Entwicklung der Abteilung wurde auch ein „spannendes und abwechslungsreiches Programm“ angeboten: Alternativ konnten die Teilnehmer die Wellnesseinrichtungen des Hotels nutzen oder sich für die ca. dreistündige Canyoning-Tour entscheiden. Im Rahmen dieser Tour durchquerten die Teilnehmer gemeinsam eine Schlucht mittels Abseilen, Klettern, Springen, Rutschen, Schwimmen und Tauchen. Hierbei verletzten sich mehrere Mitarbeiter – zum Teil schwer. Den Antrag der verletzten Abteilungsleiterin auf Entschädigung lehnte die Berufsgenossenschaft ab. Outdoor-Aktivitäten gehörten nicht zu den vertraglich geschuldeten Leistungen der Arbeitnehmerin. Nach Auffassung der Klägerin habe jedoch ihr Arbeitgeber die Teilnahme an dem sportlichen Programm erwartet.
Betrieblich organisierte Freizeitveranstaltung nicht versichert
Die Richter beider Instanzen gaben der Berufsgenossenschaft Recht, betont Henn. Die Teilnahme an einer Freizeit- und Erholungsveranstaltung sei nicht bereits deshalb unfallversichert, weil sie vom Unternehmen organisiert und finanziert werde. Vielmehr müsse die Veranstaltung dazu geeignet sein, die Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander zu fördern. Dies setze voraus, dass grundsätzlich alle Beschäftigten im Stande seien, an der Veranstaltung teilzunehmen. Wegen der besonderen Anforderungen an die körperliche Fitness spreche eine Canyoning-Tour jedoch nicht die Gesamtheit der Beschäftigten an. So seien die 6 Sekretärinnen der Abteilung im Hotel geblieben. Daher habe der Gemeinschaftszweck nicht erreicht werden können und eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung, die unter Versicherungsschutz steht, nicht vorgelegen.
Die Teilnahme an der Canyoning-Tour sei auch nicht der betrieblichen Tätigkeit der verletzten Frau zuzurechnen, da sie nicht zu den arbeitsvertraglichen Pflichten der Abteilungsleiterin gehöre. Hinsichtlich des Versicherungsschutzes sei nicht entscheidend, „ob die Teilnahme aufgrund einer Erwartungshaltung, auf Wunsch oder gar auf Weisung seitens des Arbeitgebers erfolgt ist“, so die Darmstädter Richter. Denn es liege nicht in dessen Entscheidung, den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auf sonst unversicherte Tätigkeiten und Aktivitäten auszuweiten. Betriebssport schließlich werde nur vom Unfallversicherungsschutz erfasst, wenn er regelmäßig durchgeführt werde. Zudem müsse er dazu dienen, die körperliche Fitness zu erhalten. Dies sei für das einmalige Canyoning zu verneinen.
Die Revision wurde nicht zugelassen.
Henn empfahl, das Urteil zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.
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