(Stuttgart) Wird ein unentgeltliches Praktikum vereinbart, kann gleichwohl ein Vergütungsanspruch in entsprechender Anwendung von § 612 Abs. 1 BGB bestehen.
Dies gilt selbst dann, wenn die Anwendung des Berufsbildungsgesetzes und damit der Anspruch auf eine angemessene Vergütung aufgrund gesetzlicher Vorschriften ausgeschlossen ist.

Darauf verweist der Kölner Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Frhr. Fenimore v. Bredow, Vizepräsident des VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 10.02.2015, Az. 9 AZR 289/13.

Die Klägerin hatte nach Abschluss ihrer Ausbildung als Diplom-Pädagogin den Entschluss gefasst, sich zur Kinder- und Jugendtherapeutin ausbilden zu lassen. Zu der dreijährigen Ausbildung gehört u.a. auch der Nachweis einer praktischen Tätigkeit im Umfang von 1200 Stunden in einer kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtung. Die Klägerin schloss mit dem beklagten Klinikum einen einjährigen Praktikantenvertrag zur Ableistung der geforderten praktischen Tätigkeit. Eine schriftliche Vereinbarung existiert nicht. Die Parteien gingen aber übereinstimmend davon aus, dass die Klägerin unentgeltlich tätig werden sollte. Die Klägerin arbeitete an vier Tagen in der Woche von 9:00 Uhr bis 17:30 Uhr. Nach einer kurzen Einarbeitungszeit erledigte sie dabei regelmäßig in der Größenordnung von zwei Tagesarbeitspensen in der Woche eigenständig und eigenverantwortlich Testungen einschließlich Auswertungen und Interpretation der Ergebnisse sowie therapeutische Tätigkeiten. Die Beklagte rechnete die Leistungen der Klägerin gegenüber den Krankenkassen ab. Die Klägerin hatte vor dem Arbeitsgericht Klage auf Lohnzahlung gegen die Beklagte erhoben, da ihrer Auffassung nach der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit eine übliche Arbeitnehmertätigkeit gewesen sei, da sie dieselbe Arbeit wie fest angestellte Therapeuten erbracht habe. Eine Ausbildung durch die Beklagte sei daher nicht erfolgt, weswegen diese die angemessene übliche Vergütung schulde.

Das Arbeitsgericht hatte die Klage zunächst abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hingegen hatte der Berufung der Klägerin stattgegeben. Die Revision der Beklagten vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts blieb erfolglos.

Der Senat stellte klar dass eine übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB selbst dann beansprucht werden kann, wenn ein Beschäftigter im Rahmen eines Praktikantenvertrages auf Weisung des Arbeitgebers über einen längeren Zeitraum hin Leistungen erbringt, die nicht vorrangig der Aus- und Fortbildung dienen, sondern ganz überwiegend im betrieblichen Interesse. Diese Vorschrift ist Ausdruck des althergebrachten Satzes, dass “jede Arbeit ihres Lohnes wert ist”. Werden über den Rahmen des Praktikums hinaus Leistungen erbracht, die von der in der Ausbildungsordnung vorgeschriebenen Art und Weise erheblich abweichen und die nur gegen Zahlung der üblichen Vergütung zu erwarten sind, muss hierfür die übliche angemessene Vergütung gezahlt werden.

Von Bredow empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Arbeitsrecht Rechtsrat in Anspruch zu nehmen, wobei er u. a. auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

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