von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Michael Meyer und Rechtsanwältin Zora Krämer, Neu-Isenberg
Es ist wieder soweit – im Frühjahr 2010 in der Zeit vom 01. März bis 31. Mai 2010 stehen die regelmäßigen Betriebsratswahlen an. Das betrifft Betriebe mit in der Regel fünf Arbeitnehmern, also auch Kleinbetriebe. Für die Arbeitgeberseite sind damit zahlreiche Fragen verbunden: Wie gestaltet sich der Ablauf einer solchen Wahl? Welche Rechte und Pflichten hat der Arbeitgeber? Kann der Arbeitgeber die Wählerliste beeinflussen? Wie kann der Arbeitgeber auf Fehler im Wahlverfahren reagieren? Die nachfolgenden Ausführungen geben einen kurzen Überblick über den Ablauf der Wahlen, die Rechte, Pflichten und Einflussmöglichkeiten des Arbeitgebers und die Möglichkeiten auf Fehler im Wahlverfahren zu reagieren.
I. Wahl des Betriebsrates
Die Wahl des Betriebsrates erfolgt in der Regel nach den Bestimmungen der §§ 16 ff. BetrVG i.V.m. der Wahlordnung (WO). In betriebsratslosen Kleinbetrieben kann nach Maßgabe des § 14 a BetrVG ein sogenanntes vereinfachtes zweistufiges Wahlverfahren durchgeführt werden. Die Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens können der Wahlvorstand und Arbeitgeber in Betrieben mit in der Regel 51 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern auch vereinbaren (vgl. § 14 a Abs. 5 BetrVG).
1. Einleitung der Wahl
Eingeleitet wird die Wahl alleine durch den Betriebsrat. In Betrieben mit bestehendem Betriebsrat bestellt dieser spätestens zehn Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit den Wahlvorstand, der in der Regel aus drei Beschäftigten (möglichst beiderlei Geschlechts), einem von ihnen als Vorsitzenden besteht. In Betrieben, in denen noch kein Betriebsrat existiert, wird der Wahlvorstand vom Gesamtbetriebsrat oder, falls ein solcher nicht besteht, vom Konzernbetriebsrat bestellt. Besteht weder ein Gesamtbetriebsrat, noch ein Konzernbetriebsrat, wird der Wahlvorstand in einer Betriebsversammlung gewählt, zu welcher drei wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebes oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft einladen. Der Arbeitgeber ist dabei nicht nur verpflichtet, die Betriebsversammlung zu dulden, sondern muss diese auch in Grenzen unterstützen. So können beispielsweise die Initiatoren einer Betriebsratswahl vom Arbeitgeber verlangen, allen Arbeitnehmern, die aufgrund ihrer typischen Tätigkeit in der Regel nicht in den Räumen des Betriebes arbeiten oder erreichbar sind, eine Einladung zur Betriebsversammlung zum Zwecke der Bestellung eines Wahlvorstandes auf seine Kosten zukommen zu lassen.
2. Aufstellung einer Wählerliste und Erlass eines Wahlausschreibens
Unverzüglich nach seiner Bestellung stellt der Wahlvorstand eine nach Geschlechtern in alphabetischer Reihenfolge (§ 2 WO) getrennte Wählerlisteliste auf und verfasst spätestens 6 Wochen vor dem ersten Tag der Stimmabgabe ein Wahlausschreiben, das die in § 3 Abs. 2 WO im Einzelnen aufgeführten Bedingungen enthalten muss. Bei der Aufstellung der Wählerliste hat der Wahlvorstand u.a. sorgfältig zu prüfen, ob Betriebsteile an der Wahl des Betriebsrates zum Hauptbetrieb teilnehmen (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2-4 BetrVG).
Der Arbeitgeber ist dem Wahlvorstand bei der Aufstellung der Wählerliste kraft Gesetzes zur Unterstützung verpflichtet. Er hat dem Wahlvorstand alle für die Anfertigung der Wählerliste erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 WO). Kommt der Arbeitgeber dieser ihm obliegenden Rechtspflicht nicht nach kann der Wahlvorstand diese Verpflichtung zum Einen im Wege des Beschlussverfahrens, gegebenenfalls auch durch einstweilige Verfügung erzwingen, zum Anderen kann sich der Arbeitgeber aber auch strafbar machen gemäß § 119 Abs.1 Nr. 1 BetrVG.
Vom Tage der Einleitung der Wahl sind die Wählerliste und ein Abdruck der WO bis zum Abschluss der Stimmabgabe an geeigneter Stelle im Betrieb zur Einsicht auszulegen. Eine Bekanntmachung ausschließlich in elektronischer Form ist nur zulässig, wenn der Wahlvorstand sicherstellt, dass alle Arbeitnehmer von der Bekanntmachung Kenntnis erlangen können und Änderungen bzw. Ergänzungen ausschließlich vom Wahlvorstand vorgenommen werden können. Der Wahlvorstand hat zudem sicherzustellen, dass jede Änderung bzw. Ergänzung gleichfalls auf elektronischem Wege ausschließlich durch ihn bekannt gemacht wird.
3. Vorschlagslisten
Mit Aushang des Wahlausschreibens ist die Betriebsratswahl eingeleitet. Ab diesem Zeitpunkt können Arbeitnehmer innerhalb einer Frist von zwei Wochen (Vorsicht: Ausschlussfrist!) Wahlvorschläge sammeln und einreichen. Bei der Vorschlagsliste handelt es sich um eine schriftliche Benennung einer oder mehrerer Personen gegenüber dem Wahlvorstand, die für die Wahl zum Betriebsrat vorgeschlagen werden.
Nach Einreichung der Vorschlagslisten hat der Betriebsrat die Vorschlagslisten unverzüglich, möglichst binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang, zu prüfen und bei Ungültigkeit oder Beanstandung einer Liste die Listenvertreterin oder Listenvertreter – die gemeinsam zuvor von den Unterzeichnern benannt werden – unverzüglich schriftlich unter Angabe der Gründe zu unterrichten.
Diese Überprüfung durch den Wahlvorstand ist wiederum eine sehr fehleranfällige Tätigkeit. Dies insbesondere dann, wenn zweifelhafte Vorschläge akzeptiert oder andererseits an sich zulässige Wahlvorschläge als ungültig abgelehnt werden. An dieser Stelle kann sich der Arbeitgeber durchaus einbringen und Fehler vermeiden, indem er die Wahlvorschläge (mit-) prüft und somit für eine ordnungsgemäße Wahl sorgt.
4. Wahlvorgang
Gemäß §§ 11 ff. WO hat der Wahlvorstand bei der Durchführung der Wahl dafür Sorge zu tragen, dass Stimmzettel und Wahlumschläge vorhanden sind, Wahlurnen zur Verfügung stehen und die Geheimhaltung der Wahl gesichert ist. Die Wahl muss insgesamt so gestaltet sein, dass der Wähler seine Stimme unbeeinflusst und unbeobachtet abgeben kann. Sie erfolgt geheim und unmittelbar und muss entsprechend den Grundsätzen der Art. 20 und 38 GG allgemein, gleich und frei sein.
Unverzüglich nach Abschluss der Wahl nimmt der Wahlvorstand öffentlich die Stimmauszählung vor, §§ 18 Abs. 3 BetrVG, § 13 WO. Mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses ist die Wahl abgeschlossen und der neu gewählte Betriebsrat ist gemäß § 29 Abs. 1 BetrVG zu der konstituierenden Sitzung einzuberufen.
5. Wahlschutz
Die ungestörte Durchführung einer Betriebswahl und deren reibungsloser Ablauf wird durch die Bestimmungen des § 20 Abs. 1 und Abs. 2 BetrVG sichergestellt.
Danach darf niemand die Wahl des Betriebsrates behindern oder durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen beeinflussen. Von dem Verbot betroffen sind neben dem Arbeitgeber auch die Arbeitnehmer des Betriebes, die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und außenstehende Dritte.
a. Verbot der Wahlbehinderung
Mit dem Verbot der Behinderung werden alle mit der Wahl zusammenhängenden oder ihr dienenden Handlungen geschützt. Eine Behinderung der Wahl liegt zum Beispiel vor bei Nichtzurverfügungstellen von Wahlräumen oder notwendigen Unterlagen, Vorenthaltung der für die Aufstellung von Wählerlisten notwendigen Angaben und Unterlagen, Hinderung am Betreten des Wahllokals oder Fälschung und Unterschlagung von Wahlzetteln
Ein besonderer Fall der Wahlbehinderung liegt vor, wenn der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer mit dem Ziel kündigt, ihn an der Vorbereitung oder Teilnahme an der Betriebsratswahl zu hindern.
b. Verbot der Wahlbeeinflussung
Das Verbot der Wahlbeeinflussung untersagt im Weiteren die Beeinflussung einer Betriebsratswahl durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen. Von dem Verbot wird insbesondere umfasst die Zusage bzw. Androhung einer Kündigung, Versetzung, Lohn- und Gehaltskürzung, bzw. Gehaltserhöhung, Beförderung oder einer sonstigen Zuwendung.
Wahlwerbung oder Wahlpropaganda erfüllt als Mittel des Wahlkampfes den Tatbestand einer unzulässigen Beeinflussung der Betriebsratswahl nur dann, wenn sie mit einer Nötigung verbunden ist oder die Grenze der Ehrverletzung, insbesondere bei grob wahrheitswidrigen und diffamierenden Äußerungen, überschreitet. Tritt durch die Wahlwerbung eine mehr als nur unerhebliche Beeinträchtigung des Betriebsablaufs ein, kann der Arbeitgeber die Wahlwerbung während der Arbeitszeit untersagen.
II. Aktives Wahlrecht
Nach § 7 BetrVG sind alle Arbeitnehmer des Betriebes, die das achzehnte Lebensjahr vollendet haben, aktiv wahlberechtigt. Wahlberechtigt sind ferner auch von einem anderen Arbeitgeber zur Arbeitsleistung überlassende Arbeitnehmer, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden. Ihr Wahlrecht im Stammbetrieb bleibt hiervon unberührt.
Weiteres entscheidendes Kriterium der Wahlberechtigung ist die Betriebszugehörigkeit am Tag der Wahl. Betriebsangehörige Arbeitnehmer sind Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber stehen und in die Betriebsorganisation des Arbeitgeber eingegliedert sind (sog. Eingliederungstheorie).
Wahlberechtigt sind demnach beispielsweise auch:
– Teilzeitbeschäftigte
– Leiharbeitnehmer, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden (§ 7 S. 2 BetrVG)
– KAPOVAZ
– Geringfügig Beschäftigte
– Aushilfskräfte
– Befristet Beschäftigte
– Auszubildende
– Heimarbeiter, wenn sie die Voraussetzungen des § 5 BetrVG erfüllen und in den Betrieb eingegliedert sind.
– Praktikanten und Volontäre, solange sie in einem arbeitsvertraglichen Verhältnis zum Betriebsinhaber stehen und in den Betrieb eingegliedert sind.
– Ruhende Arbeitsverhältnisse (z.B. Elternzeit)
– Ausländische Arbeitnehmer
Nicht wahlberechtigt sind hingegen:
– Freie Mitarbeiter
– Fremdfirmenbeschäftigte
– Arbeitnehmer in Alterteilzeit, die sich innerhalb des Blockmodells in der zweiten Hälfte (Freistellungsphase) der Altersteilzeit befinden und nicht mehr in den Betrieb zurückkehren. Ihre Betriebszugehörigkeit endet mit dem Eintritt in die Freistellungsphase.
Auch im gekündigten Arbeitsverhältnis besteht das Wahlrecht bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fort, da das Arbeitsverhältnis bis zu diesem Zeitpunkt Bestand hat. Soweit der Arbeitnehmer während eines Kündigungsschutzprozesses weiterbeschäftigt wird, besteht das Wahlrecht auch nach Ablauf der Kündigungsfrist fort. Bei einer außerordentlichen Kündigung hingegen verliert der Arbeitnehmer sein Wahlrecht mit Zugang der Kündigungserklärung.
III. Passives Wahlrecht
Die Wahl eines eigenen Betriebsrates erfordert weiterhin, dass mindestens drei der betriebsangehörigen Arbeitnehmer wählbar sind. Passiv wahlberechtigt sind nach § 8 BetrVG diejenigen Arbeitnehmer, die aktiv wahlberechtigt sind, dem Betrieb, Unternehmen oder Konzern sechs Monate angehören und nicht strafgerichtlich die Wählbarkeit oder Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter verloren haben.
Zu beachten ist, dass auch ein Arbeitnehmer, der gekündigt worden ist und daraufhin Kündigungsschutzklage erhoben hat, gleichwohl passiv wahlberechtigt bleibt, da nur so sichergestellt werden kann, dass ein Arbeitgeber nicht durch eine Kündigung die Kandidatur eines unliebsamen Bewerbers verhindert. Allerdings ist der gekündigte Arbeitnehmer, sofern er nicht im Betrieb weiter beschäftigt wird, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über seine Klage an der Ausübung des Betriebsratsamtes gehindert. In diesem Falle wird er von einem Ersatzmitglied bis zur rechtskräftigen Klageabweisung vertreten, § 25 Abs. 1 BetrVG.
IV. Größe des Betriebsrates
Die Größe des Betriebsrates wird durch die Anzahl der im Betrieb regelmäßig beschäftigten und wahlberechtigten Arbeitnehmer bestimmt (vgl. § 9 BetrVG). Bei 5 bis 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern besteht der Betriebsrat aus lediglich einer Person. Bei 21 bis 50 und bei 51 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern besteht der Betriebsrat als Gremium aus 3 bzw. 5 Mitgliedern. Ab einer Anzahl von 101 Arbeitnehmern wird nur noch auf die bloße Betriebszugehörigkeit statt auf die Anzahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer abgestellt.
Bei der Berechnung der Anzahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer ist der Tag des Erlasses des Wahlausschreibens maßgebend. Der Wahlvorstand hat bei der Berechnung sowohl die Belegschaftsstärke in der Vergangenheit als auch die künftige, aufgrund konkreter Entscheidungen des Arbeitgebers zu erwartende Entwicklung des Beschäftigungstandes des Betriebs zu berücksichtigen. Eine nach der Wahl eintretende Änderung der Arbeitnehmerzahl hat auf die Betriebsgröße keinen Einfluss, es sein denn, dass 24 Monate nach der Wahl die Zahl der regelmäßig Beschäftigten Arbeitnehmer um mehr als die Hälfte, mindestens aber um 50, gestiegen oder gesunken ist (vgl. § 13 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG).
V. Besonderer Kündigungsschutz nach § 15 KSchG
Mitglieder des Wahlvorstandes genießen nach § 15 Abs. 3 KSchG vom Zeitpunkt ihrer Bestellung an besonderen Kündigungsschutz. Dieser Kündigungsschutz wirkt bis zum Ablauf von sechs Monaten nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses nach. Einzige Handlungsalternative bleibt für den Arbeitgeber die außerordentliche Kündigung, wenn ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB gegeben ist und die Zustimmung des Betriebsrats gemäß § 103 BetrVG vorliegt. Der Zustimmung des Betriebsrates gemäß § 103 BetrVG zu einer außerordentlichen Kündigung bedarf es in diesem Nachwirkungszeitraum jedoch nicht.
Diesen besonderen Kündigungsschutz genießen auch Wahlbewerber. Allerdings endet hier jedoch der Kündigungsschutz mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses, mit der Rücknahme der Kandidatur oder wenn feststeht, dass der Wahlvorschlag mit unbehebbaren Mängeln behaftet ist. Nicht gewählte oder zurückgetretene Bewerber unterliegen bis zum Ablauf von sechs Monaten nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses einem nachwirkenden Kündigungsschutz vor ordentlichen Kündigungen. Zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung im Nachwirkungszeitraum bedarf es dann ebenfalls keiner Zustimmung des Betriebsrates. Ein in den Betriebsrat gewählter Wahlwerber unterliegt mit Bekanntgabe des Wahlergebnisses dem besonderen Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 KSchG.
Schließlich unterliegen auch die zur Wahl des Wahlvorstandes einladenden Arbeitnehmer und die im Rahmen einer gerichtlichen Bestellung des Wahlvorstandes antragsberechtigten Arbeitnehmer kündigungsrechtlich demselben Schutz wie die Mitglieder des Wahlvorstandes und die Wahlbewerber. Dies gilt allerdings nur für die ersten drei in der Einladung bzw. Antragstellung aufgeführten Arbeitnehmer.
VI. Wahlanfechtung
Gemäß § 19 BetrVG kann die Betriebsratswahl beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Verfahren verstoßen worden und eine Berichtigung nicht erfolgt ist. Weiterhin ist erforderlich, dass objektiv als unmittelbare Folge des Verstoßes das Wahlergebnis ein anderes sein kann. Ist der Sachverhalt nicht eindeutig zu ermitteln, spricht eine widerlegbare Vermutung für eine Kausalität des Verstoßes. Auch vorläufiger Rechtschutz ist im Betriebsratswahlverfahren möglich, wenn ein offensichtlicher Rechtsverstoß vorliegt, der zur Nichtigkeit oder zweifelsfreien Anfechtbarkeit der Wahl führen würde.
Wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht sind nur solche, die tragende Grundsätze der Betriebsratswahl erhalten. Dazu gehören beispielsweise:
– Zulassung von Personen zur Wahl, die nicht wahlberechtigt sind (Jugendliche unter 18 Jahren, leitende Angestellte, Leiharbeitnehmer, mit weniger als dreimonatiger Überlassungsdauer (vgl. § 7 Satz 2 BetrVG)
– Nichtzulassung von Personen, die ebenfalls wahlberechtigt sind (Teilzeitbeschäftigte, Beschäftigte in einer ABM)
– Zur-Wahl-stellen von Personen, die nicht wählbar sind (zB. mangels ausreichender Dauer der Betriebszugehörigkeit von sechs Monaten)
– Bestellen eines Wahlvorstandes, der nicht ordnungsgemäß bestellt worden ist
– Unzureichende Unterrichtung ausländischer Arbeitnehmer über das Wahlverfahren etc. nach § 2 Abs. 5 WO
– Aushang des Wahlausschreibens nicht in allen Betriebsstätten
– Unterlassen der Bekanntmachung von Ort und Zeit der Stimmauszählung
– Feststellung einer falschen Zahl von BR-Mitgliedern
Anfechtungsberechtigt sind neben drei Wahlberechtigten oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft auch der Arbeitgeber. Dabei hat dieser jedoch zu beachten, dass die Anfechtung binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zu erfolgen hat. Die erfolgreiche Anfechtung führt in der Regel zur Feststellung der Unwirksamkeit der Betriebsratswahl, die mit Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung fest steht. Zu diesem Zeitpunkt endet auch der besondere Rechtsschutz der Betriebsratsmitglieder nach §§ 103 BetrVG und 15 KSchG.
VII. Nichtigkeit
Eine nichtige Betriebsratswahl ist nur dann anzunehmen, wenn ein grober und offensichtlicher Verstoß gegen wesentliche gesetzliche Wahlregeln vorliegt, wie zum Beispiel:
– Wahl eines Betriebsrates durch Personen, die keine Arbeitnehmer sind
– Bildung eines Betriebsrates in einer Betriebsversammlung spontan durch Zuruf
– Wahl einer Person, die offensichtlich kein Arbeitnehmer des Betriebsrates ist
– Wahl eines Betriebsrates für einen nicht betriebsratsfähigen Betrieb
– Wahl eines Betriebsrates für einen Betrieb, in dem bereits ein Betriebsrat existiert
Die Nichtigkeit der Betriebsratswahlen kann jederzeit durch Einleitung eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens festgestellt werden. Folge der Nichtigkeit ist, dass der Betriebsrat von Anfang an nicht existent ist. Der Arbeitgeber braucht also keine Mitbestimmungsrechte zu beachten, die „Betriebsratsmitglieder“ genießen als solche keinen besonderen Kündigungsschutz, die Betriebsvereinbarungen sind allesamt unwirksam.
Dr. Michael Meyer/Zora Krämer
Rechtsanwälte, Dr. Meyer zugleich Fachanwalt für Arbeitsrecht
Dr. Meyer Fachanwälte
Frankfurter Straße 49
63263 Neu-Isenburg (DE)
Telefon: 06102/ 78 86 0
Fax: 06102/ 78 86 28
eMail: drmeyer@meyfa.de
Internet: www.meyfa.de