(Stuttgart)  Die Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie muss so hinreichend bestimmt und deutlich sein, dass der Erklärungsempfänger Klarheit über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses erhält.

Von daher muss die Kündigung zunächst zweifelsfrei erklärt werden. Darüber hinaus muss aus der Kündigungserklärung hervorgehen, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis beendet werden soll. Dabei können Fehler gemacht werden. In der Praxis wird nicht selten die Kündigungsfrist falsch berechnet. Oder aber es werden
Kündigungen „zum nächst zulässigen Termin“ ausgesprochen, ohne das eine Kündigungsfrist oder ein Beendigungstermin angegeben wird.

Das Bundesarbeitsgericht, so der Bremer Fachanwalt für Arbeitsrecht und Gewerblichen Rechtsschutz Klaus-Dieter Franzen, Landesregionalleiter „Bremen“ des VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V., hatte in der jüngeren Vergangenheit solche Fallgestaltungen zu entscheiden. Dabei zeigt sich, dass hinsichtlich der
Rechtsfolge der fehlerhaften Angabe einer Kündigungsfrist in den einzelnen Senaten unterschiedliche Auffassungen vertreten werden.

1. Fehlerhafte Kündigungsfrist

Nach der bisherigen Rechtsprechung des 2. Senates des Bundesarbeitsgerichtes ist eine ordentliche Kündigung in aller Regel dahingehend auszulegen, dass sie das Arbeitsverhältnis zum zutreffenden Termin beenden soll. Das gilt auch dann, wenn sie nach ihrem eindeutigen Wortlaut zu einem früheren Termin ausgesprochen worden ist (BAG, Urteil vom 15. Dezember 2005, Az.: 2 AZR 148/05, NZA 2006, 791). Es genügte danach, wenn sich aus der Kündigungserklärung ergibt, dass der Erklärende eine
ordentliche Kündigung aussprechen und mit der Angabe eines Beendigungsdatums eine, wenn auch falsche, Kündigungsfrist wahren wolle. Deshalb war es in
solchen Fällen bisher ohne weiteres möglich, die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist und die sich daraus ergebenden Annahmeverzugsansprüche auch
außerhalb der Dreiwochenfrist geltend zu machen (BAG vom 15. Dezember 2005, Az.: 2 AZR 148/05).

Der 5. Senat des Bundesarbeitsgerichts weicht in zwei Entscheidungen von dieser Rechtsprechung ab. Dem Urteil vom 1. September 2009 (Az.: 5 AZR 700/09, NZA 2010, 1409) lag ein Sachverhalt zu Grunde, wonach der Kläger seit dem 1. August 1995 als Mitarbeiter an einer Tankstelle beschäftigt war. Mit Schreiben vom 22. April
2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. Juli 2008. Im November 2008 erhob der Kläger Klage auf Leistung der Annahmeverzugsvergütung für die
Monate August und September 2008 mit der Begründung, die gesetzliche Kündigungsfrist betrage fünf Monate zum Monatsende.

Das Gericht hatte zu entscheiden, ob eine Kündigung mit einer zu kurz bemessenen Kündigungsfrist zur Unwirksamkeit der Kündigung führen könne. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des 2. Senates ist das auch nach Auffassung des 5. Senates der Fall, wenn sich die mit zu kurzer Frist ausgesprochene Kündigung nicht als eine
solche mit der rechtlich gebotenen Frist auslegen lasse.

Der 5. Senat geht indes von anderen Auslegungsgrundsätzen aus. Danach reiche die Angabe eines Beendigungsdatum nicht aus, um zu dem Ergebnis zu kommen, dass das Arbeitsverhältnis zum nächst möglichen Termin ende. Vielmehr spreche die ausdrückliche Angabe eines Beendigungsdatums gegen die Auslegung, dass die
Kündigung zu einem späteren Termin wirken solle, wenn aus der Kündigungserklärung keine weiteren Anhaltspunkte dafür zu entnehmen seien, dass der Arbeitgeber die Kündigung auch zu einem anderen Termin gewollt oder das angegebene Datum das Ergebnis einer vorangegangenen Berechnung anhand mitgeteilter Daten gewesen sei oder sich aus den Begleitumständen etwas anderes ergebe.

Sind diese Voraussetzungen wie in dem entschiedenen Fall nicht erfüllt, muss gegen die Kündigung Klage binnen der dreiwöchigen Frist gem. § 4 Satz 1 KSchG erhoben
werden. Andernfalls wird das Arbeitsverhältnis zum früheren Termin beendet. Der Arbeitnehmer kann dann später Annahmeverzugsansprüche für den Zeitraum zwischen
dem falschen und dem richtigen Beendigungszeitpunkt nicht mehr gesondert geltend machen.

Mit dem am 15. Mai 2013 (5 AZR 130/12, NZA 2013, 1076) entschiedenen Fall präzisierte der 5. Senat, welche Umstände im Wege der Auslegung dazu führen könnten, die Kündigung zu einem späteren Zeitpunkt wirken zu lassen.

Die Beklagte hatte das mit dem Kläger seit Juni 1991 bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 30. Juni 2009 gekündigt. In dem Schreiben hieß es:

„hiermit kündigen wir Ihnen fristgemäß zum 30. September 2009. Die Kündigung erfolgt aus betriebsbedingten Gründen.“

Die Beklagte versicherte dem Kläger, dass die ordnungsgemäße Frist in der Kündigung enthalten sei, was sich aus dem Wort „fristgemäß“ ergebe. Tatsächlich belief sich die richtige Kündigungsfrist gem. § 622 Absatz 2 Nr. 6 BGB jedoch auf sechs Monate zum Monatsende, so dass das Arbeitsverhältnis erst zum 31. Dezember 2009 beendet
werden konnte. Der Kläger erhob am 27. Oktober 2009 Klage und verlangte u.a. Zahlung der Vergütung für den Monat Oktober 2009.

In diesem Fall kam der Senat zu der Auffassung, dass die Beklagte die Kündigung auch zu einem anderen Zeitpunkt gewollt habe, als zu dem in dem Kündigungsschreiben genannten Datum. Dies ergebe sich durch den verwendeten Zusatz „fristgemäß zum“. Für den Kläger sei damit deutlich erkennbar geworden, dass es der Beklagten um die Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist gegangen sei und sich das in das Schreiben aufgenommene Datum lediglich fehlerhaft berechnet worden sei. Aus diesem Grunde war es hier für den Kläger unschädlich, dass er die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG nicht eingehalten hat.

In dieser Entscheidungwendet sich der 5. Senat auch ausdrücklich gegen die eingangs dargestellte Auslegungsregel des 2. Senates und führt an, dass es
dieser an einer hinreichenden Tatsachenbasis fehle.

2. Kündigung zum nächst zulässigen Termin

Einen weiteren Beitrag zu den im Zusammenhang mit der Kündigungsfrist stehenden Fehlerquellen hat nunmehr der 6. Senat des Bundesarbeitsgerichts mit seiner Entscheidung vom 20. Juni 2013, (Az.: 6 AZR 805/11, NZA 2013, 1137) geleistet.

Der Insolvenzverwalter kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger „zum nächst zulässigen Zeitpunkt“. In dem Kündigungsschreiben nimmt er ergänzend auf die anwendbaren gesetzlichen Grundlagen des § 622 BGB und 113 InsO Bezug und erläuterte dieseNormen. Die Klägerin erhob Klage und trug vor, die Kündigung sei unwirksam, da keine hinreichend bestimmte Kündigungserklärung vorliege.

Das Landesarbeitsgericht Hamm (vom 06. April 2011, Az.: 6 Sa 9/11) gab der Klage statt. Nach diesem Urteil ist die Kündigungserklärung nur dann hinreichend bestimmt, wenn für den „nächstzulässigen“ Termin das maßgebende Rechenprogramm (gesetzliche, tarifvertragliche oder arbeitsvertragliche Kündigungsfristenregelung) und die
maßgeblichen Tatsachen angegeben werden.

Anders das BAG. Nach dem gesamten Inhalt der Kündigungserklärung hätte das LAG zu einem anderen Ergebnis kommen müssen. Denn durch die Angabe der Vorschriften ließe sich der Zeitpunkt entnehmen, zu dem die ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis beenden sollte. DasBeen digungsdatum war von daher für die Klägerin bestimmbar.

3. Zusammenfassung

Kann das falsche Beendigungsdatum im Wege der Auslegung dahingehend korrigiert werden, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis zum späteren, richtigen Termin beenden soll, ist die Kündigung nicht schon wegen der Angabe des falschen Beendigungsdatums unwirksam. Der Arbeitnehmer kann auch noch nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist und Annahmeverzugsansprüche geltend machen.

Die Kündigung ist jedoch unwirksam, so Franzen, wenn sich diese auf Grund ihres eindeutigen Erklärungsinhalts nicht als Kündigung zum richtigen Zeitpunkt auslegen lässt. Allerdings greift dann auch zu Gunsten des Arbeitgebers § 7 KSchG ein, wenn der Arbeitnehmer nicht fristgerecht Klage erhoben hat. Die Kündigung gilt dann als
wirksam und beendet das Arbeitsverhältnis zum „falschen“ Endtermin.

Eine Kündigung „zum nächst zulässigen Zeitpunkt“ ist nicht unwirksam, wenn der Arbeitnehmer in der Lage ist, auf Grund eigenen Wissens oder ergänzender Angaben im
Kündigungsschreiben den Kündigungstermin selber zu berechnen.

4. Praxishinweise

Arbeitnehmer sollten nach Erhalt einer Kündigung immer sehr genau prüfen, ob die Kündigungsfrist korrekt berechnet und eingehalten wurde und ggf. Beanstandungen innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist geltend machen.

Arbeitgeber sollten zukünftig die Kündigung unter Verwendung des Zusatzes „fristgemäß“ und Angabe eines konkreten Datums aussprechen. Ferner kann die so formulierte Kündigung auch hilfsweise zum nächst zulässigen Zeitpunkt ausgesprochen werden. Die Formulierung könnte lauten:

„Hiermit kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich fristgemäß zum ____, hilfsweise zum nächst zulässigen Zeitpunkt.“

Kann oder soll kein Beendigungsdatum angegeben werden, muss auf die Rechtsquelle hingewiesen werden. Ist das der Arbeitsvertrag, kann die Formulierung z.B. so lauten:

„Hiermit kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich fristgemäß zum nächst zulässigen Zeitpunkt. Der Kündigungsfrist richtet sich nach § __ des Arbeitsvertrages.“

Will der Arbeitgeber den Arbeitnehmer jedoch dazu zwingen, die dreiwöchige Klagefrist einzuhalten, muss ein konkretes Beendigungsdatum angegeben werden.

Franzen empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Arbeitsrecht Rechtsrat in Anspruch zu nehmen, wobei er u. a. auch auf den VDAAVerband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

 

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Klaus-Dieter Franzen
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