(Stuttgart) Seit Jahren steht die Verbotsdiskussion um die NPD im öffentlichen Raum. Die Tätigkeit der NSU und deren Verquickung haben in der jüngsten Vergangenheit die Diskussion erneut belebt. In diesem Zusammenhang wird auch darüber gestritten, ob nicht bereits die Mitgliedschaft in neonazistischen Organisationen einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst entgegensteht oder ob mehr erforderlich ist, um das Beschäftigungsverhältnis zu beenden.
Das Bundesarbeitsgericht hatte diese Frage in einem jüngst entschiedenen Fall (Urteil vom 6. September 2012, Az.: 2 AZR 372/11) zu entscheiden. Nach Mitteilung des Bremer Fachanwaltes für Arbeitsrecht Klaus-Dieter Franzen, Landesregionalleiter „Bremen“ des VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, stellte es klar, dass verfassungsfeindliche Aktivitäten einen Grund für den Ausspruch einer Kündigung sein können, auch wenn das Verhalten selbst nicht strafbar sei.
Der Kläger war seit dem Jahr 2003 als Verwaltungsangestellter in einer Oberfinanzdirektion tätig und dort in einem Versandzentrum für die Planung, Steuerung und Überwachung von Druckaufträgen zuständig. Das betroffene Land hatte bereits zuvor schon einmal versucht, sich von dem Mitarbeiter zu trennen und war vor dem Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 12. Mai 2011, Az.: 2 AZR 479/09) gescheitert. Im zweiten Anlauf bestätigte das höchste deutsche Arbeitsgericht nunmehr die erneute Kündigung durch das Land.
Nach Auffassung des zuständigen Senates muss der im öffentlichen Dienst Beschäftigte mit einer Kündigung rechnen, wenn er darauf hinwirke, den Staat oder die Verfassung und deren Organe zu beseitigen, zu beschimpfen oder verächtlich zu machen. Das gelte selbst dann, wenn der Beschäftigte nur in seiner Freizeit Aktivitäten dieser Art entfalte.
Der Kläger verbreitete als Mitglied der NPD in seiner Freizeit mittels elektronischer Newsletter Informationen zu Treffen und Veranstaltungen neonazistischer Organisationen sowie Rundbriefe verschiedener Art. Unter anderem verschickte er im Jahr 2009 einen Aufruf zur Teilnahme an einer Demonstration. Unter der Überschrift „17. Juni – Ein Volk steht auf und kämpft sich frei – Zeit einen neuen Aufstand zu wagen!“ hieß es darin, auch die BRD könnte „Angst davor haben“, das Volk könne sich eines Tages erneut „gegen den Alles über Alles raffenden und volksverratenden Staat erheben“. Falls „die bürgerliche Revolution“ erfolgreich wäre, könne es «gut möglich» erscheinen, dass «diesmal … Tode nicht bei den Demonstranten, sondern bei den etablierten Meinungsdiktatoren zu verzeichnen (wären). – Dem Volk wär´s recht“. Die Passage endet mit der Aussage: „Hoffen wir mal, die nächste Revolution verläuft erfolgreicher. In diesem Sinne: Volk steh auf, kämpf dich frei!“
Nach dem Gesamtkontext dieser Äußerungen würden die Verfasser des Demonstrationsaufrufs für einen gewaltsamen Umsturz eintreten, erläuterte das BAG. Eine andere Deutung erscheine nicht möglich. Der Kläger habe sich den Inhalt des Aufrufs zumindest dadurch zu Eigen gemacht, dass er ihn weiterverbreitet habe. Nach dem Urteil der Erfurter Richter mache sein Vorgehen deutlich, dass er das auch ihm abzuverlangende Mindestmaß an Verfassungstreue nicht aufbringe. Die Kündigung sei deshalb jedenfalls aus Gründen in seiner Person gerechtfertigt. Grundrechtlich geschützte Rechtspositionen stünden dem nicht entgegen
Allerdings, weist Fachanwalt Franzen hin, stünden Mitgliedschaft in und Aktivitäten für die NPD oder ihre Jugendorganisation regelmäßig nicht schon als solche einer Weiterbeschäftigung im öffentlichen Dienst entgegen. Hinzukommen müsse vielmehr ein Verhalten, das in seinen konkreten Auswirkungen darauf gerichtet ist, verfassungsfeindliche Ziele der Organisation aktiv zu fördern oder zu verwirklichen.
Franzen empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Arbeitsrecht Rechtsrat in Anspruch zu nehmen, wobei er u. a. auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.
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