(Stuttgart)  Die Firma Daimler AG, der Betriebsrat und das Betriebsratsmitglied haben in der mündlichen Verhandlung vom 19. Juli 2012 das Verfahren über die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Betriebsratsmitglieds wegen Arbeitszeitbetrugs für erledigt erklärt.

Zwischen der Firma Daimler AG und dem Betriebsratsmitglied wurde ein Vergleich des Inhalts geschlossen, dass

a) das Arbeitsverhältnisses zum 30. April 2013 endet,

b) sofortige Freistellung des Betriebsratsmitgliedes unter Anrechnung auf Urlaubsansprüche und vertragsgemäße Bezahlung bis zum 30. April 2013.

c)  Zahlung einer Abfindung i.H.v. 130.000 € brutto.

Darauf verweist der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn, Präsident des VDAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Baden-Württemberg vom 19.07.2012, Az. 18 TaBV1/12.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Firma Daimler AG begehrte vom Betriebsrat Zustimmung zu einer außerordentlichen Kündigung eines Arbeitnehmers, der Mitglied des Betriebsrats ist.

Ein Betriebsratsmitglied kann nur außerordentlich aus wichtigem Grund und mit Zustimmung des Betriebsrats gekündigt werden. Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann das Arbeitsgericht diese auf Antrag des Arbeitgebers ersetzen, wenn die beabsichtigte Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. In dem Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht ist der betroffene Arbeitnehmer Beteiligter.

Der Arbeitnehmer ist 1952 geboren und jedenfalls seit Dezember 1968 bei der Arbeitgeberin beschäftigt. Er ist Mitglied der CGM und seit 1990 Mitglied des Betriebsrats. Er ist freigestellt und Ersatzmitglied des Aufsichtsrats. Nach den anwendbaren tariflichen Bestimmungen ist er nur noch aus wichtigem Grund kündbar. Ihm steht ein Dienstwagen zur Verfügung. Seine Ehefrau arbeitet bei derselben Arbeitgeberin in der Personalabteilung. Der Arbeitnehmer hat seinen Arbeitsplatz im Werk Stuttgart-Untertürkheim, seine Ehefrau in Esslingen-Mettingen. Dort befinden sich auch die Büros des Betriebsrats.

Die Arbeitgeberin wirft dem Arbeitnehmer vor, er habe mehrfach einen Arbeitszeitbetrug begangen, indem er im Dienstwagen zusammen mit seiner Ehefrau zunächst nach Untertürkheim gefahren sei, seine Arbeitszeit eingestempelt und kurz darauf seine Ehefrau nach Mettingen gefahren habe, von wo er ohne auszusteigen wieder nach Untertürkheim zurück gefahren sei. Die Hin- und Rückfahrt habe ca. 20 bis 30 Minuten gedauert. Die Arbeitgeberin stützt ihren Vorwurf zum einen darauf, dass die Ehefrau häufiger nur wenige Minuten nach dem Arbeitnehmer eingestempelt habe. Insofern bestehe jedenfalls ein dringender Verdacht. Zum anderen habe der daraufhin beauftragte Werkschutz an drei von sieben Tagen im Juli/August 2011 den Arbeitnehmer konkret bei dem Arbeitszeitbetrug beobachtet.

Die Arbeitgeberin hörte den Arbeitnehmer am 4.8.2011 an. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung.

Der Arbeitnehmer stellt sich den Vorwürfen entgegen und behauptet, er habe an zwei der drei Tage, an denen er überwacht worden sei, während der Fahrt telefonische Betriebsratsarbeit erledigt. An allen drei Tagen habe er ursprünglich vorgehabt, das Betriebsratsbüro in Mettingen aufzusuchen. Bezüglich der weiteren Zeiträume sei ein dringender Verdacht nicht berechtigt. Die Arbeitgeberin habe auch nicht alle Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts ergriffen. Das originäre Interesse der Arbeitgeberin bestehe darin zu verhindern, dass der Arbeitnehmer als Aufsichtsratsmitglied nachrücke. Auch wegen der Themen, die der Arbeitnehmer in seiner Funktion als Betriebsratsmitglied aufgegriffen habe, sei er „persona non grata“. Bei ähnlich schwerwiegenden Pflichtverletzungen anderer Mitglieder von Vertretungsorganen gehe die Arbeitgeberin mit Augenmaß vor und greife nicht zum Mittel der Kündigung.

Das Arbeitsgericht Stuttgart hatte den Zustimmungsersetzungsantrag der Arbeitgeberin zurückgewiesen (Az.: 31 BV 248/11). Hiergegen hatte die Arbeitgeberin Beschwerde eingelegt. In der Beschwerdebegründung beruft sich die Arbeitgeberin nun auch darauf, dass der dringende Verdacht bestehe, der Arbeitnehmer habe vertrauliche Daten aus Personalakten unberechtigt erhoben.

Mit dem geschlossenen Vergleich, so Henn, hat sich das Verfahren jedoch nun erledigt.

Henn empfahl, in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

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Michael Henn
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