Darauf verweist der Kieler Fachanwalt für Arbeitsrecht Jens Klarmann, Vizepräsident des VdAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart unter Hinweis auf ein am 04.03.2009 veröffentlichtes Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein (LAG AZ.: 3 Sa 290/08)
In dem ausgeurteilten Fall stritten die Parteien über die soziale Auswahl bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung. Die 56-jährige Klägerin war der Auffassung, dass sie bei der Kündigung ungerechterweise gegenüber einem Kollegen benachteiligt worden war, obwohl sie sechs Jahre älter und zwei Jahre länger im Betrieb war. Der Arbeitgeber hatte sich jedoch bei der Sozialauswahl gleichwohl für den jüngeren Arbeitnehmer entschieden, da auf seiner Steuerkarte zwei Pflegekinder eingetragen waren, die schon seit etlichen Jahren in der Familie leben, während die Klägerin keinerlei Unterhaltsverpflichtungen trafen. Diese machte geltend, dass die soziale Auswahl fehlerhaft sei. § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG erfasse nur gesetzliche Unterhaltspflichten. Eine gesetzliche Unterhaltspflicht bestehe jedoch gegenüber Pflegekindern nicht.
Mit dieser Auffassung konnte sie nun jedoch auch in zweiter Instanz nicht bestehen, so Klarmann.
Die vom Arbeitgeber vorgenommene Sozialauswahl zu Lasten der Klägerin sei sozial gerechtfertigt. Dieser habe bei der Auswahl der Klägerin die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten im Vergleich zu anderen vergleichbaren Abteilungsleitern ausreichend im Sinne des § 1 Abs. 3 KSchG berücksichtigt. Der bevorzugte Arbeitskollege sei mit zwei unterhaltsberechtigten Kindern zweifelsfrei schutzwürdiger als die Klägerin, die keiner Person gegenüber unterhaltspflichtig sei. Der Arbeitgeber durfte im vorliegenden Fall die Unterhaltspflichten des Herrn S. gegenüber seinen Pflegekindern zu dessen Gunsten berücksichtigen und somit letztlich die Sozialauswahl zu Lasten der Klägerin vornehmen. Diese Entscheidung durfte die Beklagte bereits deshalb treffen, weil diese Unterhaltspflichten auf der Lohnsteuerkarte eingetragen seien. Es sei allgemein anerkannt, dass der Arbeitgeber sich bei der Sozialauswahl an den Eintragungen in der Lohnsteuerkarte orientieren dürfe.
Entgegen der Ansicht der Klägerin umfasse § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG nicht ausschließlich gesetzliche Unterhaltspflichten. Soweit § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG bei der sozialen Auswahl von „Unterhaltspflichten“ spreche, erfasse diese Vorschrift auch Pflegeverpflichtungen für in den Haushalt aufgenommene Pflegekinder, für die ein Pflegeelternteil zum Vormund bestellt und für die insoweit eine Dauerpflegschaft eingeräumt wurde.
Da die Frage, ob Pflegekinder, die auf der Lohnsteuerkarte eines Arbeitnehmers mit Kinderfreibeträgen eingetragen sind, als Unterhaltspflichten im Rahmen der sozialen Auswahl berücksichtigt werden können, ist, bisher jedoch noch nicht Gegenstand höchstrichterlicher Entscheidungen gewesen seien, habe das Landesarbeitsgericht hier jedoch ausdrücklich die Revision gegen dieses Urteil zugelassen.
Klarmann empfahl gleichwohl, dieses Urteil zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.
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