(Stuttgart) In mehreren am 15.12.2010 vom Vierten Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) entschiedenen Parallelfällen machten gewerkschaftlich organisierte Klägerinnen und Kläger Ansprüche auf tarifliche Leistungen aus einem Gehalts- und Manteltarifvertrag des Einzelhandels in Sachsen Anhalt geltend.

Dabei, so der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn, Präsident des VdAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, ging es im Wesentlichen darum, ob die Beklagte an die den Forderungen zugrunde gelegten Tarifverträge aus dem Jahre 2006 gebunden oder bereits im Jahre 2001 wirksam aus einer Vollmitgliedschaft in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung (OT Mitgliedschaft) gewechselt war. 

Der Senat bestätigte seine bisherige Rechtsprechung, nach der ein Arbeitgeberverband in seiner Satzung eine OT-Mitgliedschaft im sog. Stufenmodell vorsehen kann, die nicht zur Tarifgebundenheit nach § 3 Abs. 1 TVG führt. Nach diesem Modell sind Arbeitgeber, die der Tarifgebundenheit unterliegen, zusammen mit solchen ohne Tarifgebundenheit unter einem Dach organisiert. Allerdings muss durch die Satzung sichergestellt sein, dass OT-Mitglieder auf tarifpolitische Entscheidungen keinen unmittelbaren Einfluss haben. Denn die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie erfordert im Hinblick auf den Abschluss von Tarifverträgen und deren normative Wirkung auf hiervon betroffene Dritte grundsätzlich den Gleichlauf von Verantwortlichkeit und Betroffenheit bezüglich der tariflichen Vereinbarungen. Dies kann auch durch eine sehr allgemein gehaltene, aber eindeutige Regelung zur Trennung der Befugnisse von OT- und Vollmitgliedern sicher gestellt werden.

Nach diesen Maßstäben hatte der hier betroffene Arbeitgeberverband wirksam die Möglichkeit der OT-Mitgliedschaft eröffnet. Diese hatte die Beklagte 2001 genutzt, weshalb sie an die nachfolgend abgeschlossenen Tarifverträge, auf die sich die klagenden Parteien stützten, nicht gebunden war und die Klagen mit den Vorinstanzen abzuweisen waren.

An der Wirksamkeit des Wegfalls der Tarifgebundenheit änderte auch die Satzungsbestimmung nichts, wonach die Übertrittserklärung „bis zum Ablauf der jeweils geltenden Tarifverträge“ wirkt. Diese Satzungsbestimmung ist zwar nicht buchstäblich, jedoch nach Sinn, Zweck und tariflichem Gesamtzusammenhang letztlich nur als Hinweis auf die sich aus § 3 Abs. 3 TVG ohnehin ergebende Rechtslage zu verstehen. (BAG, Urteil vom 15. Dezember 2010 – 4 AZR 256/09 – u.a.)

Henn empfahl, dies zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

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Michael Henn
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