Darauf verweist der Düsseldorfer Fachanwalt für Arbeitsrecht Karsten Haase, Leiter des Fachausschusses „EU-Arbeitsrecht“ des VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 17.11.2010, 7 AZR 443/09 (A).
Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Siebten Senats kann sich ein Arbeitgeber auf diesen Sachgrund auch berufen, wenn bei ihm ständig Arbeitskräfte ausfallen und der Vertretungsbedarf statt durch jeweils befristet eingestellte ebenso durch unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer abgedeckt werden könnte. Daher steht dem Sachgrund der Vertretung auch eine größere Anzahl der mit einem Arbeitnehmer geschlossenen befristeten Verträge nicht entgegen. Entscheidend ist allein, ob bei der letzten Befristungsabrede ein Vertretungsfall vorlag.
§ 5 Nr. 1 der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 (Rahmenvereinbarung) verpflichtet die Mitgliedstaaten der EU, Maßnahmen zu ergreifen, um Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge zu vermeiden.
Die Klägerin hat sich gegen die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses gewehrt. Sie war bei dem beklagten Land aufgrund von insgesamt 13 befristeten Arbeitsverträgen von Juli 1996 bis Dezember 2007 als Justizangestellte im Geschäftsstellenbereich des Amtsgerichts Köln beschäftigt. Die befristete Beschäftigung diente jeweils der Vertretung von Justizangestellten, die sich in Elternzeit oder Sonderurlaub befanden. Es spricht vieles dafür, dass bei Abschluss des letzten mit der Klägerin im Dezember 2006 geschlossenen, bis Dezember 2007 befristeten Vertrags beim Amtsgericht Köln ein ständiger Vertretungsbedarf an Justizangestellten vorhanden war.
Der Siebte Senat hat den EuGH um Vorabentscheidung gebeten, so Haase, ob es mit der Rahmenvereinbarung vereinbar ist, die wiederholte Befristung eines Arbeitsvertrags auch dann auf den im nationalen Recht vorgesehenen Sachgrund der Vertretung zu stützen, wenn bei dem Arbeitgeber ein ständiger Vertretungsbedarf besteht, der auch durch unbefristete Einstellungen befriedigt werden könnte. Die Frage ist weder vom EuGH abschließend geklärt, noch ist ihre Beantwortung offenkundig.
Erneut stellt das BAG das deutsche Befristungsrecht damit auf den Prüfstand des EuGH, betont Haase.
Zuletzt hatte das BAG mit Beschluss vom 27.10.2010 – 7 AZR 485/09 (A) – ein Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH zu § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG zum Thema der Sachgrundbefristung von Arbeitsverhältnissen im öffentlichen Dienst eingeleitet (vgl. Pressemitteilung des VdAA vom 02.11.2010. Auch dies geschah unter Verweis auf § 5 Nr. 1 der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 (Rahmenvereinbarung). Offensichtlich häufen sich nun, so Haase, beim BAG Sachverhaltsgestaltungen, die einen Missbrauch durch aufeinanderfolgende (sachgrund-) befristete Arbeitsverträge für das BAG zumindest nahelegen. Das europäische Recht, dass einen Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverhältnisse gerade vermeiden will, ist daher auch für die vorliegende Frage Messlatte für das deutsche Befristungsrecht. Nach zutreffender Ansicht des BAG ist diese Frage bislang nicht abschließend geklärt – und schon gar nicht offenkundig.
So oder so: Es dürfte auch hinsichtlich § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG zu intensiven Diskussionen kommen, insbesondere zwischen den Gewerkschaften, die einer Zunahme befristeter Arbeitsverhältnisse kritisch gegenüberstehen, und den Arbeitgeberverbänden, die den befristeten Arbeitsverhältnissen in einer modernen Arbeitswelt das Wort reden. Denn kippt der EuGH die Regelung des § 14 Abs. 1 Satz Nr. TzBfG, was für Haase zumindest nicht unwahrscheinlich ist, so verschließt sich für die Arbeitgeber die Möglichkeit nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG eine Vielzahl von aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverhältnisse mit demselben Arbeitnehmer abzuschließen. Ob dadurch jedoch auch die Zahl unbefristeter Arbeitsverhältnisse ansteigen wird, bleibt abzuwarten.
Haase empfahl, den Ausgang in dieser Angelegenheit zu beachten und bei aufkommenden Fragen dazu Rechtsrat in Anspruch zu nehmen, wobei er u. a. auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.
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