(Stuttgart) Polnische Leiharbeitnehmer brauchen für eine Beschäftigung in Deutschland derzeit in der Regel noch eine Genehmigung der Bundesagentur für Arbeit. Die entsprechende gesetzliche Regelung (§ 284 der 3. Buchs der Sozialgesetzbuchs – SGB III -) verstößt nicht gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit des Europarechts.

Dies, so der Kieler Fachanwalt für Arbeitsrecht Jens Klarmann, Vizepräsident des VdAA  – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, hat jetzt das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) in einem am 07. Juli 2010 veröffentlichten Eilbeschluss vom 2.07 2010 ‑ L 1 AL 158/10 B ER – entschieden.

Lediglich für einen beschränkten Kreis von Beschäftigungen, die das Gesetz aus besonderen Gründen von der Genehmigungspflicht ausnimmt (§ 9 der Verordnung über die Arbeitsgenehmigung für ausländische Arbeitnehmer) – etwa leitende Angestellte, von Lieferanten entsandte Monteure, Forscher, Studenten, Sportler, Journalisten – gilt diese Beschränkung nicht.

Geklagt hatte eine Firma aus Polen, die in Deutschland polnische Arbeitnehmer verleihen wollte. Die Bundesagentur für Arbeit hatte ihr die erforderliche Erlaubnis nur unter der Auflage erteilt, in den Personalakten für ihre polnischen Arbeitskräfte eine Arbeitsgenehmigung der Bundesagentur nachzuweisen, solange die Freizügigkeit polnischer Arbeitnehmer europarechtlich eingeschränkt sei. Andernfalls sei eine Verletzung der Vorschriften über die Ausländerbeschäftigung zu befürchten. Die polnische Leiharbeitsfirma hatte versucht, diese Auflage im Wege des Eilrechtsschutzes außer Kraft zu setzen. Sie berief sich dabei auf die europarechtliche Dienstleistungsfreiheit.

Dieses Argument ließen die Essener Richter – wie vor ihnen das Sozialgericht Düsseldorf – nicht gelten, so Klarmann.

Deutschland habe in rechtmäßiger Weise von der europarechtlich vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit für polnische Arbeitnehmer erst ab dem 1.5.2011 in Kraft treten zu lassen. Zumindest im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sei die von der Bundesregierung zur Begründung genannte drohende schwerwiegende Störung des Arbeitsmarkts beziehungsweise eine entsprechende Gefahr durch unkontrollierte Arbeitnehmerfreizügigkeit plausibel, insbesondere im Bereich der Langzeitarbeitslosen und der gering Qualifizierten sowie im Osten Deutschlands. Auf die europarechtliche Dienstleistungsfreiheit könne sich die Leiharbeitsfirma nicht berufen, weil dieses europäische Grundrecht im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung durch die Einschränkungen der Freizügigkeit der Arbeitnehmer überlagert werde. Andernfalls drohten die einschränkenden Regelungen zu Arbeitnehmerfreizügigkeit unterlaufen zu werden. Lediglich einen kleinen Teil der Auflage beanstandeten die Essener Richter, weil sie zu Unrecht auch für den beschränkten Kreis von Beschäftigten galt, die schon heute ohne Genehmigung in Deutschland arbeiten dürfen.

Klarmann empfahl, dies zu beachten sowie in Zweifelsfällen um Rechtsrat nachzusuchen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies. 

Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung:

Jens Klarmann
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
VdAA – Vizepräsident
c/o  Passau, Niemeyer & Kollegen
Walkerdamm 1
24103 Kiel
Tel.: 0431 – 974 300
Fax: 0431 – 974 3099
j.klarmann@pani-c.de
www.pani-c.de